Mit Thora und Smartphone

Am 28. Januar gründet sich die jüdisch-orthodoxe Gemeinde Kahal Adass Jisroel in Mitte

  • Jérôme Lombard
  • Lesedauer: 2 Min.
Die jüdische Gemeinschaft in Berlin wächst weiter. Neu entstehende Synagogengemeinden tragen der dadurch größer werdenden innerreligiösen Vielfalt Rechnung.

Der im Judentum weit verbreitete Meinungspluralismus bei Fragen von Identität und der richtigen Auslegung der religiösen Gesetze spiegelt sich zunehmend auch im wieder aufblühenden jüdischen Leben in Berlin wieder. Mit der festlichen Gründung der Gemeinde Kahal Adass Jisroel am kommenden Dienstag in der Brunnenstraße in Mitte wird nun erstmals nach der Shoah wieder eine Synagogengemeinde mit traditionell-orthodoxem Ritus in der Hauptstadt bestehen.

»Unsere Gemeinde fühlt sich den Werten des traditionell orthodoxen Judentums verpflichtet, wie es sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Deutschland herausbildete«, erklärt Daniel Fabian. Der 39-jährige orthodox ordinierte Rabbiner ist Mitglied im Gemeindevorstand und einer der Begründer von Adass Jisroel. Mit eindringlicher Stimme bringt der zweifache Familienvater mit dem leichten Ansatz von »Peot«, den traditionellen Schläfenlocken, den Charakter seiner Gemeinde auf den Punkt: »Unsere Mitglieder eint der Wunsch nach einem traditionellen Leben gemäß den Gesetzen der Thora, bei gleichzeitiger aktiver Teilnahme an der modernen, säkular geprägten Umwelt.« Fabian ist überzeugt: »Thora und Smartphone, das schließt sich keineswegs aus.«

Nach der Berliner Einheitsgemeinde mit ihren liberalen und konservativen Bethäusern und der chassidischen Chabad Lubawitsch-Gemeinde wird die traditionell-orthodox ausgerichtete Adass Jisroel zur dritten großen jüdischen Gemeinde in der Hauptstadt. Und wohl auch zur jüngsten. Der Altersdurchschnitt der momentan 250 Mitglieder liegt bei 30 Jahren. Rund die Hälfte der Mitglieder sind Kinder.

Dass dem so ist, liegt wohl nicht zuletzt an der stark an den Bedürfnissen junger Familien ausgerichteten Philosophie der Gemeinde. Der unmittelbar an die Gemeindesynagoge angrenzende private jüdische Kindergarten der Lauder-Foundation bietet dafür auch eine entsprechende Infrastruktur. Wie Vielen bei Adass Jisroel ist auch Gedalya Shames eine religiöse Erziehung seines Kindes wichtig und einer der Gründe, warum der 24-Jährige sich in der Gemeinde engagiert. »Ich habe noch nirgendwo eine so vibrierende junge Gemeindekultur wie bei Adass Jisroel gefunden. Die hier herrschende Atmosphäre der gegenseitigen Hilfe ist beeindruckend«, so der aus Usbekistan stammende Rabbinerstudent. Eine Konkurrenzsituation zwischen den verschieden ausgerichteten Berliner jüdischen Gemeinden soll es aber nicht geben, wie Rabbiner Fabian betont. Er hofft vielmehr auf den gegenseitigen Austausch und ein tolerantes Miteinander mit allen Berlinern.

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