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Eine Heirat nach Gogol

Im Ackerstadtpalast braucht es keine Kulisse

  • Lucía Tirado
  • Lesedauer: 2 Min.

Leichtfüßig soll ihre Kunst daherkommen. Locker und fröhlich wollen die Kulturkokotten unterhalten. Und, nach eigenen Worten, schmal inszeniert bringen sie »Die Heirat nach Gogol« ohne Kulisse auf die Bühne. Die kleinstädtische Umgebung kann in den Köpfen der Zuschauer aber entstehen, denn genug Atmosphäre dafür bringt die unter Regie von Vania Brendel und Vera Schenk spielende Berliner Truppe mit. Sparsam auch die Kostümierung. Ein paar Hüte, einige Bärtchen - die nicht halten wollen und damit die Komik noch verstärken - mehr wird nicht benutzt. Die Rollen der Handelnden im Stück indes sind grotesk zugespitzt. Beatrice Murmann, Vania Brendel, Helmuth Meier-Lautenschläger, Florian Wandel, Jana Skudelny und Andreas Brendel arbeiten mit starker Mimik.

Mit viel Komik gelingt es ihnen, die Verkommenheit, die Oberflächlichkeit der von Nikolai Gogol beschriebenen durchtriebenen Gesellschaft zu zeigen. Bauernschläue, Trägheit und Eigennutz haben dort Oberhand. Selbst die eigentlich naive, zu verheiratende Kaufmannstochter ist charakterlich schon derart verbogen, dass sie nach Liebe gar nicht fragt. Damit, dass die sich dann allein einstellt, hat sie eben Glück.

So ist das Kulturkokottenheiratsspiel, das seine Premiere in der Weißenseer Brotfabrik erlebte und jetzt im Ackerstadtpalast wieder zu sehen ist, durchaus vergnüglich. Den Anspruch der Kulturkokotten allerdings, die Komödie des russischen Dichters von 1842 in die 1930er Jahre verlegt zu haben, kann man vergessen. Dazu gehört einiges mehr, als dem Stück ein paar Takte von in dieser Zeit üblichen Musik anzuheften, auch wenn die musikalische Begleitung mit Schlagzeug, Gitarre und Kazoo originell ist. Eine Zeitreise hätte tiefergehende inhaltliche Konzepte gebraucht.

»Die Heirat« vom 30.1. bis 1.2., 20 Uhr, Ackerstadtpalast, Ackerstr. 199, Mitte, Tel.: (030) 441 00 09, www.ackerstadtpalast.de

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