Folge 29: FILZEN (Verb)

Lexikon der Bewegungssprache

  • Lesedauer: 2 Min.

Besucher einer Demonstration werden nicht selten im Zuge polizeilicher Vorkontrollen einer minutiösen Durchsuchung unterzogen, oder etwas weniger geschwollen ausgedrückt, sie werden gefilzt. Sich bei der Ausübung seiner demokratischen Grundrechte wie ein verdächtiger Krimineller behandeln zu lassen, stößt verständlicherweise auf wenig Gegenliebe. Aus diesem Grund werden Vorkontrollen gerne weiträumig umgangen, was zur Folge hat, dass Demonstrationen oft erst nach einem Viertel der Wegstrecke ihre eigentliche Teilnehmerzahl erreicht haben. Polizeibeamte (Bulle), die eine solche Durchsuchung vornehmen, können extrem unfreundlich, besserwisserisch, gemein, unhöflich, ruppig, ekelhaft und in jedem Fall sehr nervig werden. Die Prozedur beinhaltet Vorgänge wie Arme heben, sich im Schritt abtasten lassen, nicht selten muss man sich aggressiv gestellte Fragen anhören wie »Was haben Sie denn da in der Tasche?«, dann der verblüffte Gesichtsausdruck des Beamten beim Anblick eines Schals, der wie ein hochtechnologisches Waffensystem begutachtet wird und dazu das ebenso hilflose wie süffisante Grinsen des in seine Ordnungsmaßnahmen verliebten Schupos. Beschlagnahmte und sichergestellte Gegenstände können später abgeholt werden. Schlecht natürlich, wenn jemandem im Wendland oder sonst wo jottwede ein Schlafsack abgenommen wird, der dann in einer sehr weit von der eigenen Wohnstatt entfernten Polizeidienststelle abgeholt werden kann. Ob das Filzen von Demonstrationsteilnehmern wirklich sicherheitspolizeiliche Standards garantieren soll oder hier in erster Linie der autoritäre Zugriff des Staates auf das widerständige politische Subjekt in Szene gesetzt wird, bleibt dahingestellt. schmi

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