Geschichtsschreibung per Gesetz?

Lettlands Nationalisten wollen Leugnung sowjetischer Besatzung unter Strafe stellen

  • Toms Ancitis, Riga
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.

Was passierte in Lettland am 17. Juni 1940? Die Antwort auf diese Frage spaltet die Bevölkerung der baltischen Republik. Jetzt soll sie »per Gesetz« entschieden werden.

Die offizielle Politik Lettlands vertritt den Standpunkt, dass am 17. Juni 1940 die Besetzung der Republik durch die Sowjetunion begann. Deshalb ist dieses Datum im lettischen Kalender als nationaler Trauertag markiert. Auch beim Geschichtstest, den die sogenannten Nichtbürger ablegen müssen, wenn sie eingebürgert werden wollen, wird nur eine Antwort als richtig anerkannt: An diesem Tag okkupierte die Sowjetunion das Land.

Ein wesentlicher Teil der Bevölkerung, vor allem die russischsprachigen Einwohner, vertritt jedoch eine andere Überzeugung. Für sie war das keine Besatzung, vielmehr sei Lettland freiwillig der Sowjetunion beigetreten. Auch das prorussische Parteienbündnis Harmoniezentrum, das die größte Fraktion im Parlament stellt, weigert sich, den Begriff »Okkupation« anzuerkennen. Doch öffentlich von einem freiwilligen Beitritt zu sprechen, dürfte bald gefährlich werden. Wer die »Besatzung« leugnet, könnte im Gefängnis ...


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