Enteignung von Ost-Garagen
Linksfraktion fordert in Gesetzentwurf Entschädigung der Nutzer
Zum Ende des Jahres fallen in Ostdeutschland Garagen auf fremdem Grund ohne Entschädigung in das Eigentum des Grundstückseigentümers, wenn der Pachtvertrag gekündigt wird. Die Linksfraktion im Bundestag will dem eine Gesetzesänderung entgegensetzen.
»Diese Form der Enteignung betrifft viele Menschen, weit über eine Million, wie einschlägige Verbände sagen«, so Jörn Wunderlich, familien- und seniorenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der Linkspartei.PDS. »Die Garagenbesitzer haben Werte geschaffen, an denen die Grundstückseigentümer nicht beteiligt sind, nun sollen sie ihnen in den Schoß fallen.« Die Grundeigentümer könnten Nutzen daraus ziehen, ohne etwas dafür getan zu haben. Hintergrund der Querelen ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1999, das die Garagen auf fremdem Grund für wenig schutzwürdig einstufte. Eine damit ausgelöste Novelle des Schuldrechtsänderungsgesetzes beendete die Investitionsschutzfrist für vertraglich genutzte Garagenstandplätze zum 31. Dezember 2006. Egal, ob danach Garagen- oder Grundstückseigentümer den Vertrag kündigen - es entfällt jegliche Entschädigung. Ersterer muss sogar noch für eventuelle Abrisskosten aufkommen, was ab Ende 2022 übrigens auch für Wochenendhäuser, Grundstückseinrichtungen und Anpflanzungen gilt. Um diesen unhaltbaren Zustand zu beenden, hat die Linkspartei dieser Tage den Entwurf einer Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes in den Bundestag eingebracht (Drucksache 16/1736). Er wurde zunächst in die Ausschüsse verwiesen. So wird erst nach der Sommerpause darüber debattiert. Der Gesetzentwurf fordert, dass »der Grundstückseigentümer dem Nutzer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses für entsprechend den Rechtsvorschriften der DDR errichtete Bauwerke, Grundstückseinrichtungen sowie Anpflanzungen eine Entschädigung nach dem Zeitwert ... zu leisten« hat. In der Begründung wird darauf verwiesen, dass gegenwärtig der Nutzer für seine Bauten eine Entschädigung zum Zeitwert erhält, wenn der Grundstückseigentümer die Kündigung ausspricht. Kündigt der Nutzer selbst, kann er nur dann etwas erwarten, wenn der Verkehrswert des Grundstücks erhöht ist. Schon diese ungleiche Entschädigungsregelung sei ungerechtfertigt, meint die Linksfraktion. Da der gerade für Garageneigentümer geringe Kündigungsschutz Ende des Jahres ausläuft, bedürfe es dringend einer zeitnahen Gesetzesänderung, um einen nachhaltigen Ausgleich entsprechend dem Artikel 14 des Grundgesetzes zu sichern und einen wirksamen Schutz vor neuerlicher entschädigungsloser Enteignung zu erzielen. Denn bei Garagen handele es sich um stabile, langlebige Baulichkeiten. Fallen sie an den Grundstückseigentümer, sei das eine ungerechtfertigte Zuordnung und Schenkung fremder Sachwerte. 70 bis 80 Prozent der Garagengrundstücke befinden sich derzeit im Eigentum der Kommunen. Diese sind angesichts knapper Kassen gehalten, die Grundstücke wirtschaftlich zu verwerten. Also werden sie, so befürchtet Wunderlich, die bisher mitunter niedrigen Nutzungsentgelte durch Neuverpachtung oder Neuvermietung deutlich erhöhen. Wochenend- und Garagengrundstücke aber wären ohne ihre Aufbauten - das Eigentum der Nutzer - zumeist nicht verwertbar. Es findet also eine ungerechtfertigte Bereicherung des Grundeigentümers statt, so die Linksfraktion. Sowohl in Sachsen als auch in Berlin und Brandenburg wurden viele tausend Unterschriften gesammelt und an die Petitionsausschüsse der Länderparlamente und des Bundestages geschickt, um Gerechtigkeit einzufordern. Außer der Linkspartei ignoriert die Politik das Thema oder fordert, den Übergang vom Recht der DDR in das bürgerliche Recht der Bundesrepublik so konfliktlos wie möglich, also auf Kosten der Ostdeutschen, zu vollziehen. Die Linksparteifraktion werde zu ihrem Gesetzentwurf eine namentliche Abstimmung der Abgeordneten beantragen, kündigt Wunderlich an. Dann könne sich nämlich niemand um eine Stellungnahme drücken ...Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
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