Die Prinzessin kam aus Polen

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 2 Min.
Seit Polen 2004 der EU beitrat, entwickelte sich eine unerwartet gute Nachbarschaft zu Brandenburg.

Vor zehn Jahren trat Polen der Europäischen Union bei, und das war nach Ansicht von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) für Brandenburg ein Glück. Die Beziehungen haben »gut und vertrauensvoll entwickelt«, sagte Woidke am Dienstag, als er Bilanz zog - auch in seiner Funktion als Polen-Beauftragter der Bundesregierung.

Seine Jugend verlebte Woidke in Sichtweite zur polnischen Grenze, wie er erinnerte. Diese Grenze war von 1990 bis 2004 EU-Außengrenze. Seitdem dies nicht mehr so ist, »sind die Wege deutlich einfacher geworden«, sagte Woidke. Der zunehmende Verkehr auf den Autobahnen beweise, wie intensiv der wirtschaftliche Austausch vorangehe. Nicht nur die brandenburgischen Ausfuhren nach Polen haben sich verdreifacht, auch die Zahl der polnischen Touristen im Bundesland.

Mit sechs Prozent seiner deutschen Wirtschaftskontakte wickelt Polen einen »überdurchschnittlichen« Anteil davon mit Brandenburg ab, sagte Botschafter Jerzy Marganski. In der EU habe Polen sein Bruttoinlandsprodukt verdoppelt, es sei von 51 Prozent der durchschnittlichen EU-Wirtschaftskraft auf 77 Prozent angestiegen. Sogar in den Krisenjahren 2008 bis 2012 sei die Wirtschaftskraft um 17 Prozent gewachsen. Vor dem EU-Beitritt seines Landes habe es in Polen die Befürchtung gegeben, Deutsche könnten polnisches Land wegkaufen. Nun sei es »eher umgekehrt«. Inzwischen leben diesseits der Oder 6500 polnische Bürger. Viele Familien kauften etwa Häuser in der Uckermark und pendeln von dort zur Arbeit ins polnische Szczecin.

Von einer »fantastischen Entwicklung« sprach Ministerpräsident Woidke. Zwischen 30 und 60 Prozent der Besucher des Freibads in seiner Heimatstadt Forst seien mitunter Polen. Sogar eine polnische Karnevalsprinzessin habe es in Brandenburg schon gegeben. Angesprochen auf die zunehmende Grenzkriminalität verwies Woidke auf das demnächst zu unterzeichnende neue Sicherheitsabkommen, das die Beziehungen zwischen Polizisten und Staatsanwaltschaften beiderseits der Grenze intensivieren werde. Bei der Grenzkriminalität handle es sich nicht um Kriminalität von Polen in Deutschland. Vielmehr gehe es um die Bekämpfung international operierender Banden.

Woidke und der Botschafter räumten ein, dass die Sprachbarriere bislang kaum überwunden ist. Sie sei die »Schwäche der Grenzregion«, bedauerte Darius Müller, der die Jugendbildungsstätte in Schloss Trebnitz leitet. Eltern seien vielfach dagegen, dass ihre Kinder Polnisch lernen, aber »sie werden ja auch nicht gefragt, ob die Kinder in Physik unterrichtet werden sollen«.

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