Bewohner sind von Naturparks begeistert

Umfrage misst überraschend viel Zustimmung, doch das könnte das Ergebnis geschickter Fragen sein

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Glauben die Menschen, dass die Bestimmungen in Naturparks Investoren verschrecken? Man weiß es nicht. Es wurde nicht gefragt.

Die Zustimmung zu den Naturschutzgebieten Brandenburgs ist bei den Einheimischen inzwischen überwältigend. Das jedenfalls legt eine Umfrage nahe, die am Mittwoch von Umweltministerin Anita Tack (LINKE) präsentiert wurde. Sie sprach stolz von einem verblüffenden Ergebnis, dass die Einwohner vom Naturschutz gar nicht genug bekommen können. Erarbeitet wurde die Studie »Sozialökonomisches Monitoring in den Naturparks Barnim, Niederlausitzer Heidelandschaft und Stechlin-Ruppiner Land« unter der Leitung von Susanne Stoll-Kleemann, einer Professorin der Universität Greifswald.

Während nach der Wende die Einrichtung von Naturparks, Biosphärenreservaten und des Nationalparks Unteres Odertal noch von erheblichen Widerständen begleitet war, gibt es heute - der Umfrage zufolge - eine allgemeine Zufriedenheit. Schön, wenn es wirklich so ist. Die Frage ist aber, ob dieses Bild stimmig ist und nicht ein Ergebnis geschickter Fragestellung.

Als »äußerst positiv«, geradezu »sensationell« und »durch die Bank begeisternd«, schätzte Professorin Stoll-Kleemann die Zustimmung zum Schutzmanagement ein. Dies sei umso bedeutender, als in anderen Regionen die Zustimmungsrate keineswegs so ausgeprägt sei. Auf die Frage beispielsweise, was Bewohner von Großschutzgebieten an ihrer Heimat besonders schätzen, habe sich eine »besonders hohe Verbundenheit mit Natur und Landschaft« herausgestellt. Weit in den Schatten gestellt waren Kultur, Bildung und Infrastruktur. Leider fehlte beispielsweise zur Gegenüberstellung die Frage: »Was schätzen Sie an Ihrer Heimat überhaupt nicht?« Das hätte möglicherweise für ein ausgewogenes Bild gesorgt. Laut Studie anerkennt eine Mehrheit der Bewohner, dass der jeweilige Naturpark ihre Region bundesweit bekannter gemacht habe und auf diese Weise Besucher angezogen werden, die ansonsten nicht kommen würden. Keinen Raum fand der Gedanke, dass durch die Restriktionen in solchen Schutzgebieten eventuell Investoren verschreckt worden sind. Kann sein, dass die Menschen dies keineswegs glauben. Aber man hätte sich ja mal erkundigen können.

Eifrig bejahrt wurde die Frage: »Wird zu wenig für den Naturschutz getan?« Die den Befragten vorgelegte Auswahl an Antwortmöglichkeiten bot jedoch wenig Möglichkeiten, eine kritische Distanz zu den Nutzungskonzepten einzunehmen.

Auch Peter Gärtner, Leiter der Schutzstation Wandlitz im Naturpark Barnim, geht von einer inzwischen weitgehenden Zustimmung der Bewohner von Schutzgebieten zum Schutzstatus aus. Das sei bei der Einrichtung dieser Gebiete völlig anders gewesen, sagte er. Konfliktfrei sei die Situation heute aber dennoch nicht. »Der Biber tut das Seinige«, die Vorschriften für die Nutzung von Flächen seien umstritten. Wenn Wehranlagen beseitigt werden, damit Fische wieder flussauf- und flussabwärts schwimmen können, dann stoße das keineswegs immer auf ungeteilte Zustimmung der Anrainer. Auch das Ziel, Gebiete wieder zu »vernässen«, das heißt eine Vorstufe von Moor daraus zu machen, gilt als Konfliktpotenzial.

Umweltministerin Tack hob hervor, dass die Naturparks auch Arbeitsplätze schaffen und ein erheblicher Teil der Bewohner zur Arbeit pendelt. Erbracht hat die Studie aber auch, dass einer Mehrheit der Menschen die Nutzungseinschränkung zu intransparent sind und sie sich bei der Formulierung von Vorschriften und Verboten in dieser oder jener Hinsicht nicht einbezogen fühlen.

Der Landtagsabgeordnete Dieter Dombrowski (CDU) sagte: »In einigen Naturparks findet eine positive Entwicklung statt, während in der Mehrzahl der Naturparks die Entwicklung stagniert.« Die Studie beschäftige sich mit drei von elf Naturparks. »Damit können die Ergebnisse nicht übertragen werden.«

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