Offene Tür im Eiskeller

Ein Spaziergang durch Biesdorf anlässlich des Tags der Parks und Gärten

  • Steffi Bey
  • Lesedauer: 3 Min.
Schlossparkführung und Informationen zu den Wiederaufbauplänen des Schlosses Biesdorf: Zum bundesweiten Tag der Parks und Gärten kamen viele Besucher auf das Areal an der Bundesstraße B1/5.

Die Neugier ist groß: Auch wenn Reinhard Maaß, der ein »echter Biesdorfer« ist, den Schlosspark Biesdorf gut kennt, wird dieses Mal sein Besuch mit einer Premiere verbunden sein. Denn der Verein Ost-West-Begegnungsstätte Schloss Biesdorf öffnet bislang nur einmal im Jahr den Eiskeller. Am Sonnabend war es wieder so weit.

Gemeinsam mit Gleichgesinnten lässt sich Reinhard Maaß zunächst durch den historischen Schlosspark führen. Landschaftsarchitekt Bernd Schütze lotst die Interessierten durch das 14 Hektar große Gartendenkmal, das seit 1990 behutsam überarbeitet wurde: vorbei an alten Bäumen, Sträuchern, zum Obst- und Rosengarten, am restaurierten Teehaus entlang mit dem benachbarten Lesegarten, der früher einmal als Tennisplatz diente. Die Besucher passieren Wege, die wieder so verlaufen, wie sie einst der königliche Gartenbaudirektor Albert Brodersenden angelegt hatte. Nach seinen Plänen wurde der ursprünglich vier Hektar große Park Anfang des 20. Jahrhunderts erweitert.

»Es ist schon faszinierend, wie idyllisch und doch funktional dieses Gelände gestaltet wurde«, sagt eine ältere Dame. Während sie über die geschwungenen Pfade läuft, richtet sich ihr Blick immer wieder auf das 1868 vom Architekt Heino Schmieden fertig gestellte Schloss. Die spätklassizistische Turmvilla ragt majestätisch über den Baumwipfeln auf. Für die Öffentlichkeit ist das Bauwerk zurzeit allerdings gesperrt. Seit September 2013 wird dort gebaut und dem Gebäude das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Obergeschoss wieder aufgesetzt.

Auf einer Infosäule haben die Veranstalter die wichtigsten Daten zu dem Projekt zusammengefasst. Wer möchte, kann in Bauzeichnungen oder Broschüren blättern. Fest steht: Die Turmvilla soll 2015 als Bilderschloss neu eröffnet werden. Die aufwendige Außenfassade, die aus Stuckelementen besteht, ist voraussichtlich erst im April 2016 komplett fertig, wie das Marzahn-Hellersdorfer Bezirksamt jüngst verkündete.

»Und wo ist nun der Eiskeller«, fragt die zehnjährige Sophie nach einer Stunde ungeduldig. »Wir stehen direkt davor«, sagt Bernd Schütze und weist auf ein schwarzes Eisentor. In dem mit roten Backsteinen verkleideten Bau ist feucht. Und eigentlich unspektakulär. Zu sehen sind drei Räume: der eigentliche Eisraum, der aus einem senkrecht stehenden, 7,50 Meter hohen Zylinder besteht sowie ein Erschließungs- und Vorratsbereich. An den Wänden des Zylinders sind eiserne Haken zu finden, an denen einst Fleisch und Wurst befestigt wurden. Der mit vielen Eisbrocken gefüllte Raum sorgte für die notwendigen tiefen Temperaturen. »Vermutlich wurde das Eis früher zunächst aus der Wuhle geholt, später aus dem künstlich angelegten Schlossteich«, berichtet der Biesdorfer Ortschronist Karl-Heinz Gärtner. Die Brocken sollen bis in den Herbst hinein gekühlt haben. Aber es gab auch »wichtige Regeln zur Benutzung des Eiskellers«, weiß der Biesdorfer. »Im Sommer durfte er nur in den frühen Morgen- oder Abendstunden geöffnet werden.« Wie die Lebensmittel von den Wänden geholt wurden, wollen die Besucher wissen. »Mit spitzen Stangen, praktisch geangelt«, erklärt Karl-Heinz Gärtner.

Nach zwei Besichtigungsstunden schließen die Veranstalter am Sonnabend wieder das Tor des »Kühlhauses« für die nächsten zwölf Monate. Margret Schwedesky, die Biesdorfer Revierleiterin des Gartenbauamtes, dreht die Glühlampen aus den Fassungen. Schließlich brauchen die Fledermäuse, die den Eiskeller als Winterquartier nutzen, kein Licht.

www.stiftung-schloss-biesdorf.de

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