Die Stadt mit dem doppelten Gesicht

Eine Fotoausstellung von Mona Filz in Hohenschönhausen über Kaliningrad/Königsberg und Litauen

  • Andreas Heinz
  • Lesedauer: 2 Min.
Von »Kaliningrad, der Stadt mit dem doppelten Gesicht«, ist die Fotokünstlerin Mona Filz besonders beeindruckt. Immer wieder hat sie die Menschen dort mit der Kamera porträtiert, sie in ihrer Lebensumgebung gezeigt. Verfallende Hochhäuser, davor eine Mutter mit Kind, ein alter Mercedes vor mindestens ebenso altem Gemäuer, eine Statue des Satyr, der lüstern auf eine davor stehende junge Frau im Minirock zu starren scheint. »Kissen Garten/Soda Pagalveje - Die verborgene Differenz« nennt Mona Filz ihre Ausstellung, die zur Zeit im studio im hochhaus« am Prerower Platz in Hohenschönhausen zu sehen ist. Dokumentarische Schwarz-Weiß-Bilder von Kaliningrad aus dem Jahre 1991 werden mit Farbfotos aus derselben Region, aber aus dem Jahre 2005 gegenübergestellt. »Das Bild der Stadt verändert sich, eine neue Instrumentalisierung westlicher Kultur scheint Einfluss zu gewinnen«, stellt die 1964 in Dortmund geborene Mona Filz fest. Eine Spurensuche mit der Kamera. Auch das litauische Vilnius hat die Künstlerin in Fotocollagen festgehalten. So kombiniert sie das Foto eines litauischen Schaustellers, der seinen Unterhalt vor dem Zweiten Weltkrieg als indischer Fakir und Akrobat bestritten haben soll, mit einem kleinen unscheinbaren Werbezettel, entdeckt in einem Antiquariat in Klaipeda. Dieser Bildmontage wird einer Selbstinszenierung der Fotografin als »romantische Kosakin« gegenübergestellt. In einer Fotoserie wird der »Berg der Kreuze« in Litauen dokumentiert. Eine gebeugte Statur wird hier erdrückt von der Unzahl der Kruzifixe, die über die Figur gehängt wurden. Daneben ein wirrer Haufen von Kreuzen, mittendrin ein Marienbild, das gehalten wird von dem christlichen Symbol. Mona Filz will mit ihren Bildern auch die »verdrängte Geschichte« darstellen, bezogen auf die deutsche, russische und jüdische Kultur. Kaliningrad soll als Region begreifbar gemacht werden, die auf Grund dieser Brüche die europäische Kulturgeschichte »wie in einem Brennglas einfängt«. Umfangen wird der Betrachter von sphärischen Elektronikklängen. Der Soundkünstler Danil Akimov aus Kaliningrad ließ sich von den Fotos inspirieren und wollte mit der Komposition baltische Märchen und Mythen in Töne umsetzen. Einen »Chor der Meerjungfrauen« hat er sich vorgestellt. Musikalische Inspiration spielt für Mona Filz eine große Rolle, wird berichtet. Die Künste beeinflussen sich in Kaliningrad gegenseitig, hat sie festgestellt. »Kissen Garten« bis 11. August, studio im hochhaus, Hohenschönhausen, Zingster Straße 25; Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag 11 bis 19 Uhr, Freitag 11 bis 16 Uhr, Sonntag 14 bis 18 Uhr, Eintritt frei
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