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Die Wutrede

TV-Kurzkritik

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 1 Min.

Im Fernsehen ist es wie im Fußball: Die wahre Beherrschung des Metiers zeigt sich nicht, wenn einstudierte Spielzüge abgespult werden, wenn jeder auf dem Platz (respektive vor der Kamera) steif herumsteht. Was den Künstler vom Handwerker unterscheidet, ist die Fähigkeit zur Improvisation, viel mehr aber noch die Kunst des Gefühlseinsatzes im richtigen Moment. Mehmet Scholl war als Fußballer ein Künstler, als sogenannter Fußball-Experte im Fernsehen bislang allerdings eher ein Handwerker, hölzern, wenig inspiriert und in seinen rhetorischen Mitteln begrenzt.

Vergangenen Freitag zeigte der ehemalige Nationalspieler, dass er zu mehr in der Lage ist, als nur der Sidekick des hauptamtlichen ARD-Reporters Matthias Opdenhövel zu sein. Als das Viertelfinalspiel zwischen Brasilien und Kolumbien beendet war, analysierte Scholl das Spiel nicht, wie es seine Aufgabe gewesen wäre, er redete sich in Rage - über den Schiedsrichter, der es zuließ, dass Brasiliens Spieler Neymar derart zusammengetreten wurde, dass er unter Schmerzen vom Platz getragen werden musste. Hier war der Begriff »Wutrede« berechtigt. Da verzeiht man es der ARD (fast), dass sie anschließend zum unsäglichen WM-Club mit Alexander Bommes auf dem Badeschiff in Berlin-Treptow schaltete.

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