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Auf die Wurst gekommen

Erwin Wurm in Duisburg

  • Dorothea Hülsmeier
  • Lesedauer: 2 Min.

Erstmals in Deutschland zeigt der österreichische Künstler Erwin Wurm in Duisburg seine neuesten humorvollen Werke aus der Serie »Abstract Sculptures«. Bis zum 28. September sind groteske Würstchen-Skulpturen, die mit staksigen Wurstärmchen und -beinchen respektlos berühmte Klassiker der Bildhauerei der Moderne von Rodin bis Giacometti parodieren, im Lehmbruck Museum zu sehen. »Das ist der Giacometti für den Hausmeister«, sagte Wurm (60) am Freitag bei der Vorstellung seiner Würstchen-Kunst, die zum Teil auf Sperrholzmöbeln steht.

Die glänzend polierten oder fleischrosa angemalten bronzenen Bockwürste nehmen menschliche Posen ein, wenn sie zum Beispiel in erotischer Liebespose verhakelt sind oder die Arme triumphierend in die Höhe reißen. Doch den Menschen als Würstchen darzustellen, wäre ihm »zu platt«, sagte Wurm.

Die Würstchen-Skulpturen spielen auf Rodins »Kuss«, auf Giacomettis schreitende Figuren oder auf Tatlins »Turm der Sozialistischen Internationale« an. Er sei aufgewachsen mit großer und heroischer Kunst, sagt Wurm. »Ich glaube, dass Gigantomanie in der Kunst den Menschen klein macht.« Mit Humor könne man aber auf die Welt aus einer anderen Perspektive schauen.

Neben Kritik an der Konsumgesellschaft oder auch am männlichen Schönheitswahn, der in der hochglänzenden Wurstskulptur »Gigant klein, ich ideal« aufs Korn genommen wird, kommentiert Wurm mit der meterhohen Knackwurst-Bronze »What«, die herrisch die Ärmchen in den Wurstdarm stemmt, auch die Gigantomanie des Kunstmarkts.

»Humor ist eine der Stärken seiner Arbeit«, sagte Museumsleiterin Söke Dinkla. Man habe zwar das Gefühl, sich der Kunst Wurms nicht rational nähern zu müssen, jedoch sei sein Werk »komplexer als es scheint«.

Im künstlerischen Detail parodiert Wurm den heutigen gesellschaftlichen Perfektionismus. So sind in seiner abstrakten Skulptur »Hund« aus fünf fleischrosa Bronze-Würstchen die Klebestellen zu sehen. Freimütig bekennt Wurm auch, dass er seine großen Bronzen in Thailand habe gießen lassen, »weil es dort viel preiswerter und die Qualität besser ist«.

Dass er auf die Wurst kam, erklärt er damit, dass er »mit Würsteln und Essiggurken aufgewachsen« sei. Die Wurst sei nicht nur weltweit eine Ikone für Konsum in Europa, sondern auch eine »gültige Form der Abstraktion«. dpa/nd

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