LINKE wieder Partei des Verlierers

Holger Kelch (CDU) löst den Cottbuser Oberbürgermeister Frank Szymanski (SPD) ab

Gleichzeitig mit dem Landtag wurden am Sonntag in neun märkischen Kommunen die Bürgermeister gewählt.

Es sieht so aus, als könne kein Kandidat in Cottbus Oberbürgermeister werden, wenn die LINKE ihm hilft. Bei der OB-Wahl vor acht Jahren unterstützte die LINKE den Finanzdezernenten Holger Kelch (CDU) und der verlor gegen den damaligen Verkehrsminister Frank Szymanski (SPD). Nun begegneten sich die beiden Kontrahenten am Sonntag wieder. Die LINKE hatte die Seiten gewechselt und unterstützte Oberbürgermeister Szymanski. Aber diesmal gewann Holger Kelch - gleich mit 50,7 Prozent, so dass eine Stichwahl gar nicht mehr notwendig ist. Szymanski erhielt nur 37,3 Prozent, Lars Krause von der Satiretruppe «Die Partei» erstaunliche 12,1 Prozent. Wuschelkopf Krause hatte im Wahlkampf eine First Lady gesucht und seinen Mitbewerbern den Abstieg des FC Energie Cottbus vorgeworfen.

Holger Kelch hatte eine Wechselstimmung wahrgenommen. Ihn überraschte jedoch, wie deutlich sein Sieg ausfiel. Auch Szymanski war davon überrascht. Es gelang ihm nicht, seine Enttäuschung zu verbergen. Aber Szymanski gratulierte seinem bisherigen Finanzdezernenten und wünschte ihm eine glückliche Hand als neuer Rathauschef.

Das eingangs gezeichnete Bild von der Linkspartei, die jeweils zum Verlierer hält, lässt sich sogar noch präzisieren. André Kaun, Linksfraktionschef in der Stadtverordnetenversammlung, war 2006 Wahlkampfleiter von Holger Kelch, nun saß Kaun im Wahlkampfteam von Frank Szymanski. «Frank hat eine gute Arbeit für Cottbus gemacht und dabei alle Parteien einbezogen», lobt Kaun den Verlierer. Er nimmt Szymanski auch gegen den Vorwurf in Schutz, für die finanzielle Misere der Stadt verantwortlich zu sein. Den Schuldenberg habe der Oberbürgermeister geerbt.

Warum wurde Szymanski dennoch abgewählt? Es gibt mehrere Erklärungsversuche. «Ganz klar lag es auch am Führungsstil», meint Linksfraktionschef Kaun. Frank Szymanski sei vom Typ her «schwierig, aufbrausend, anstrengend». Geschadet habe ihm auch die von Wissenschaftsministerin Sabine Kunst (für SPD) vorangetriebene Fusion der Technischen Universität Cottbus mit der Fachhochschule Lausitz. Diese Zusammenlegung ist in der Stadt äußerst umstritten gewesen. Dazu trat nach Einschätzung von Kaun die Problematik der Altanschließer. Grundstückseigentümer, deren Häuser bereits vor dem 3. Oktober 1990 ans Trinkwassernetz und an die Kanalisation angeschlossen waren, müssten nur dann keine nachträglichen Beiträge zahlen, wenn Cottbus auf eine Finanzierung der Wasserwirtschaft nur aus Wasser- und Abwassergebühren umstellen würde. Die dazu notwendige Auszahlung bereits geleisteter Beiträge könnte sich die Stadt jedoch nicht leisten, bedauert Kaun. Deshalb sei klar gewesen, dass sich hier nichts machen lasse. Das Versprechen von Holger Kelch, die Angelegenheit noch einmal rechtlich prüfen zu lassen, sei deswegen «hart am Wahlbetrug» gewesen.

Kelch will nun auf die verschiedenen Parteien zugehen. Linksfraktionschef Kaun kann sich vorstellen, dass ein überparteiliches Arbeiten zustande kommt wie bereits unter Szymanski. Persönlich versteht sich Kaun gut mit Kelch. «Für ihn freue ich mich sogar», gesteht Kaun. «Jetzt hat er es doch noch geschafft.

Auch anderswo fiel die Entscheidung gleich im ersten Wahlgang. So setzte sich in Senftenberg Bürgermeister Andreas Fredrich (SPD) mit 76,6 Prozent durch gegen seinen Herausforderer René Markgraf (CDU, 23,4 Prozent). Fredrich genoss die Unterstützung der Linkspartei. In Eberswalde bleibt Friedhelm Boginski (FDP) Bürgermeister. Er bekam 64,6 Prozent, Volker Passoke (LINKE) 25,3 Prozent. Der dritte Bewerber Carsten Zinn erzielte 10,1 Prozent. Zinn ist LINKE-Mitglied. Wegen seines Wahlantritts für eine konkurrierende Liste läuft jedoch ein Parteiausschlussverfahren.

In Werder/Havel wird Manuela Saß Nachfolgerin des scheidenden Bürgermeisters Werner Große (CDU). Sie war bislang seine Stellvertreterin und wurde von CDU und SPD ins Rennen geschickt. Saß gewann die Bürgermeisterwahl am Sonntag mit 64,9 Prozent gleich im ersten Wahlgang. Peter Hinze (LINKE) erzielte 17 Prozent.

In Bernau schaffte es André Stahl (LINKE, 36,5 Prozent) in die Stichwahl gegen die von CDU und SPD getragene Michaela Waigand (36,9 Prozent). Der von konsequenten Gegnern jeglicher Altanschließerbeiträge aufgestellte Ralf-Peter Hennig schied mit 24,6 Prozent aus. Das Thema Altanschließer bestimmte diesen Wahlkampf. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich Hennigs Anhänger in der Stichwahl für Stahl entscheiden. Denn der schlägt eine für die Bürger billige Kompromisslösung vor, während Waigand die vollen Beträge einziehen lassen möchte.

Stichwahlen gibt es auch in den Gemeinden Märkische Heide und Leegebruch. In Märkische Heide trifft dabei Dieter Freihoff (SPD, 37,8 Prozent) auf Annett Lehmann von der Wählergruppe Pro Märkische Heide (35,2 Prozent). In Leegebruch gelangte Giso Siebert (LINKE, 28,4 Prozent) in die Stichwahl gegen Peter Müller vom Handwerks-, Gewerbe- und Bürgerverein, der 48,2 Prozent bekam. Martin Hinze (CDU) schied hier mit 23,5 Prozent aus.

Ohne Gegenkandidaten wurde Thomas Berger (CDU) in der Stadt Trebbin mit 82,8 Prozent als Bürgermeister bestätigt, ebenso Bürgermeister Bernd-Christian Schneck mit 86 Prozent in der Gemeinde Löwenberger Land.

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