Vom Rechenziel der SPD blieb »25 geteilt durch 2«

Eine dürftige Wahlbeteiligung bescherte auch den Thüringer Wahlsiegern CDU und Linkspartei Verluste bei den absoluten Stimmenzahlen

  • Hans-Gerd Öfinger, Erfurt
  • Lesedauer: 2 Min.
Selbst CDU und LINKE, die sich jeweils umgehend zum Wahlsieger in Thüringen erklärt hatten, gossen Essig in den eigenen Wein. Grund ist das Rekordtief bei der Wahlbeteiligung: 52,7 Prozent.

Polarisierung und Zuspitzung des Wahlkampfes auf das Duell zwischen den Spitzenkandidaten von CDU und LINKE, Christine Lieberknecht und Bodo Ramelow, nützte nichts. Trotz prozentualer Zuwächse verzeichnen beide Parteien wegen der niedrigen Wahlbeteiligung Rückgänge bei den absoluten Stimmen. Die CDU, die bis 2009 den Freistaat zehn Jahre lang mit absoluter Mehrheit regiert hatte, konnte sich mit 33,5 Prozent nur unwesentlich von dem katastrophalen Einbruch des Jahres 2009 absetzen, als sie nur auf 31,2 Prozent kam. Allerdings gewannen die Christdemokraten erneut mit 34 von 44 die allermeisten Direktmandate.

Die LINKE legte auf 28,2 Prozent zu und setzte damit ihren prozentualen Aufwärtstrend bei Landtagswahlen im Freistaat fort. Von den 14 Direktmandaten, die sie 2009 errungen hatte, konnte sie am Sonntag allerdings nur sieben verteidigen - in den Städten Erfurt, Gera, Jena und Suhl. Auch Spitzenkandidat Bodo Ramelow verlor seinen Erfurter Wahlkreis an die Union. In der Kreisstadt Nordhausen eroberte die LINKE erstmals einen Wahlkreis direkt, im südlichen Ilm-Kreis verfehlte sie mit einem hauchdünnen Rückstand von 35 Stimmen das Mandat. In Jena I nahm der Bewerber der Linkspartei und bisherige Landeschef der Bildungsgewerkschaft GEW, Torsten Wolf, dem amtierenden Bildungsminister Christoph Matschie das Direktmandat ab. Matschie sackte auf 15,7 Prozent der Erststimmen ab. Die Landes-SPD hatte das Ziel »25 plus x« ausgegeben und ist mit ihren 12,4 Prozent nun bei »25 geteilt durch 2« gelandet.

Das landesweit beste linke Erststimmenergebnis errang der Abgeordnete Dieter Hausold mit 41,2 Prozent im Wahlkreis 42 (Gera II). Im Nachbarwahlkreis 41 (Gera I) unterlag Landtagspräsidentin Birgit Diezel (CDU) erneut Margit Jung (LINKE). Diezel gehört nun nicht mehr dem neuen Landtag an, da bei der CDU nur die direkt gewählten Bewerber zum Zuge kommen. In der finanziell angeschlagen Ostthüringer Metropole, wo die Linkspartei auch absolut zulegte, hatte die Insolvenz der kommunalen Stadtwerke und Verkehrsbetriebe den Wahlkampf bestimmt. Ab Oktober werden hier Kündigungen, eine Ausdünnung der Fahrpläne und ein Ausverkauf kommunaler Wohnbaugesellschaften befürchtet.

Während die AfD aus dem Stand mit einem zweistelligen Ergebnis nun auch in den Erfurter Landtag einzieht, bleibt die NPD draußen. Dass sie mit 3,6 Prozent klarer als 2009 an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte, ist vor allem ihrer Schlappe in den größeren Städten geschuldet. Als braune Hochburgen erwiesen sich die Landkreise Sömmerda und Kyffhäuserkreis mit jeweils über fünf Prozent sowie die Stadt Eisenach mit über sechs Prozent NPD-Stimmen.

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