Wahlkampf um Arbeitslosengeld

Dänemarks Sozialdemokraten wollen sich ihre Anhänger zurückholen und blasen auf Parteikongress zum Angriff

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Neustart muss den dänischen Sozialdemokraten mit Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt gelingen, da ihr Sprung in die EU-Kommission ausblieb.

Ein Jahr vor den nächsten dänischen Wahlen machte die Vorsitzende der dänischen Sozialdemokraten ihren Genossen und den Wählern neue Hoffnung. Auf einem Parteikongress am Wochenende glänzte sie mit einer Rede, in der substanziell nichts versprochen, aber das Gefühl gestärkt wurde, nach dem Herbst 2015 die Dinge ändern zu können. Thorning-Schmidt versuchte die Öffentlichkeit darauf einzustellen, dass der nächste Wahlkampf sich um die tägliche Wirtschaftslage der Dänen drehen werde.

Innerhalb der eigenen Partei geschwächt, wird die Politikerin gleichzeitig bei Thema Arbeitslosengeld von den linken Parteien angegriffen. Dessen Reform kommt die Sozialdemokraten teuer zu stehen. Durch die bürgerlichen Parteien wurde die Zahlung auf zwei Jahre verkürzt, um die Finanzen zu sanieren. Der liberale Koalitionspartner war Mitunterzeichner dieses Reformpakets und verweigert jegliche Diskussion. So muss Thorning eine Politik umsetzen, deren Bekämpfung ihr größtes Wahlversprechen war.

Ob das Thema Ökonomie durchgesetzt werden kann, muss sich noch zeigen. Gegenwärtig muss sich die Wirtschaft mit sehr bescheidenem Zuwachs begnügen, während sich die Arbeitslosigkeit auf einem erträglichen Niveau befindet. Die Mitte-Links-Parteien werden sich zur erfolgreichen Verteidigung ihrer Regierungsverantwortung gewaltig anstrengen müssen. Insbesondere die Sozialdemokraten benötigen einen deutlichen Zuwachs über die heutigen 20 Prozent in den Meinungsumfragen hinaus, um den Wahlsieg zu sichern.

Diesen Kampfgeist in die Partei einzuhauchen, war der tiefere Sinn der Rede der Parteivorsitzenden. Ihre Politik war noch am Tag vor dem Kongress unerwartet angegriffen worden. Eine Reihe der traditionell mit den Sozialdemokraten verbündeten Gewerkschaften, kündigten an, im Wahlkampf nicht allgemein die Partei zu unterstützen. Sie wollen nur für Kandidaten werben, die für eine Änderung der Bestimmungen zur Zahlung des Arbeitslosengeldes eintreten.

Da Thorning-Schmidts rhetorisch hervorragende Rede jedoch nicht mit konkreten Initiativen verbunden war, wird die Rückgewinnung traditioneller Wähler aus der Arbeiterschaft schwer werden. Die haben sich insbesondere der Dänischen Volkspartei zugewandt. Die national-konservative Partei hat mit Erfolg einen Teil der traditionellen sozialdemokratischen Politik auf dem Gebiet Soziales übernommen, während sie weiterhin die Debatte in der Ausländer- und Asylantenfrage bestimmt. Damit könnte sie sich bei der nächsten Wahl als zweitgrößte Partei Dänemarks etablieren und den Sozialdemokraten den dritten Rang lassen.

Das wäre ein tiefer und schmerzlicher Absturz. Deshalb bläst Thorning-Schmidt schon heute zum Angriff. Zeitgleich mit den Sozialdemokraten hielt auch die Dänische Volkspartei ihren Kongress ab. Beide Parteivorsitzenden nahmen Bezug auf die Rede des anderen und signalisierten, dass der Wahlkampf bereits im Gang ist.

Ungeachtet der künftigen politischen Initiativen, ist die Überwindung der Vertrauenskrise zwischen der traditionsreichen Arbeiterpartei und ihren Wählern sowie die Motivierung der Parteibasis die wichtigste Aufgabe des Vorstandes um Helle Thorning-Schmidt. Teile der Gewerkschaften setzen zunehmend auf Kräfte, die Einfluss haben, und nicht einfach auf den traditionellen Verbündeten.

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