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Mit Karacho in die Liga

HSV: Joe Zinnbauer startet mit einem Remis gegen die Bayern verheißungsvoll

  • Erik Eggers, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.

Sie nannten ihn »Ferrari-Joe«. Das war vor zwei Jahrzehnten, als Josef Zinnbauer sich beim Karlsruher SC und Mainz 05 als Fußballprofi versuchte. Damals fuhr Jungprofi Zinnbauer mit teuren Boliden am Trainingsplatz vor, die Porsches und Ferraris hatte er allerdings finanziert als Chef einer Versicherungsagentur. Am Samstagnachmittag raste er nun als Trainer des Hamburger SV mit Karacho in die Bundesliga. Heraus kam beim Debüt als Bundesliga-Coach ein erstaunliches 0:0 gegen Bayern München.

Es schien, als wollten die HSV-Profis in diesen 90 Minuten dem Image des neuen Coaches unbedingt entsprechen. Spieler, die vor zwei Wochen gegen Paderborn noch lethargisch zugeschaut hatten, liefen nun mit Vollgas an. »Wir haben viele Meter gemacht«, sagte Zinnbauer, bei der Pressekonferenz. Dabei schien er zu staunen, dass er nun neben dem berühmten Pep Guardiola saß.

»Das ganze Stadion hat gebrannt. Das war eines der besten Spiele überhaupt, seitdem ich hier bin«, sagte Heiko Westermann über den Neunzig-Minuten-Sprint seines Teams. »Das hat Spaß gemacht«, sagte HSV-Profi Lewis Holtby, der aber zugleich mahnte. »Wir dürfen jetzt nicht denken, dass wir die besten Fußballer der Welt sind. Wir brauchen Demut.«

Holtby war, als der Schlusspfiff ertönte, zu den Fans in der Nordkurve gerannt. Und dann ballte der neue Regisseur des Hamburger SV die Fäuste und brüllte in den Fanblock, und die Menge jubelte ihm zu. Ja, der HSV ist in dieser Serie immer noch ohne Tor, eine triste Statistik. Doch Geschlossenheit und Leidenschaft euphorisierten die 57 000 Fans.

»Wir wollen die Zuschauer mitnehmen«, dieses Ziel hatte der neue Vorstandsvorsitzende Dietmar Beiersdorfer ausgegeben. Sie wollen einen Neuanfang wagen nach den grauen Jahren des schleichenden Niedergangs. Das wirkte utopisch nach dem holprigen Saisonstart. Nun hat ein Spiel alles verändert, es scheint ein Anfang gemacht. Mit einem Mann auf der Bank, der als Coach der HSV-Reserve zuletzt gegen den Ballspielverein Cloppenburg und den Eisenbahner TSV Weiche-Flensburg antrat.

Nun fehlte nicht viel zu einem Sensationssieg gegen eine der besten Mannschaften der Welt. Nicolai Müller, der Neuzugang aus Mainz, hatte in der 48. Minute die Führung auf dem Fuß, als er nach einem Steilpass Holtbys vor FCB-Keeper Manuel Neuer an den Ball kam. Und als die Bayern in den letzten Minuten das Spiel öffneten, kam Holtby aus 15 Metern frei zum Schuss, drosch das Spielgerät aber über das Gehäuse (85.).

Nach der Partie berichteten die Profis, dass der Autofreund Zinnbauer auch als Rhetoriker kein Freund des tuckernden Diesels ist. Vielmehr klang die Rede vorm Trainerdebüt nach röhrendem Sportwagen. »Wir waren schon motiviert. Aber er hat uns brutal heiß gemacht«, sagte Holtby.

Der Versuchung, sich als Fußballmagier zu präsentieren, widerstand Zinnbauer indes: Er lobte seinen Vorgänger Mirko Slomka, ihm eine körperlich fitte Mannschaft hinterlassen zu haben. Die darf sich am Mittwoch in Mönchengladbach beweisen.

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