Ostkreuz - der Film

  • Frank Schirrmeister
  • Lesedauer: 2 Min.

Für die sieben Gründungsmitglieder der Ostkreuz-Fotoagentur, darunter damals schon anerkannte Fotografen wie Sibylle Bergemann, Harald Hauswald, Ute und Werner Mahler, war es eine kuriose Situation: Zeit ihres DDR-Lebens waren sie als Freiberufler Einzelkämpfer gewesen und gehörten damit zu einer verschwindenden Minderheit. Als sich der Staat 1990 jedoch anschickte zu verschwinden und die einstige Zwangsgemeinschaft sich aufzulösen begann, schlossen sie sich entgegen dem Trend zum Kollektiv zusammen und gründeten eine eigene Agentur. Getrieben wurden sie von der Sorge, im vereinten Deutschland als Individuen unter die Räder zu kommen und gegen die geballte Konkurrenz aus dem Westen nicht bestehen zu können. Ganz bewusst setzten sie allerdings auch die eigene ostdeutsche Sozialisation als Markenzeichen ein, um unterscheidbar zu bleiben.

Inzwischen, nach 24 Jahren, ist daraus eine beeindruckende Erfolgsgeschichte geworden. Die mittlerweile 18 Fotografen der Agentur, bunt gemischt aus Ost und West, stehen für eine ganz eigene humanistische Bildsprache, für etwas, das gemeinhin mit »Haltung« beschrieben wird. Das Prinzip nach wie vor: als Kollektiv handeln - unter Wahrung des Autorenprinzips. Der eigene Anspruch, dorthin zu gehen, wo es wehtut, die Ränder der Gesellschaft zu erforschen, soziale Realitäten abzubilden und, ganz allgemein, hochwertige Fotografie zu liefern, hat Ostkreuz heute zu einer der wichtigsten Agenturen in Deutschland gemacht.

Nun gibt es auch den Film zur Agentur. 2009 begann Maik Reichert, damals noch Filmstudent, über Ostkreuz zu recherchieren und war schnell angetan von der Offenheit, mit der er empfangen wurde. Schließlich, so Ute Mahler in einem Gespräch anlässlich der Filmpremiere, dringen die Fotografen der Agentur mit ihrer Kamera ja permanent in anderer Leute Leben ein, da müsse man Gleiches auch bei sich dulden.

Nach fünf Jahren Drehzeit und einhundert Stunden gedrehtem Material stand Reichert vor der Aufgabe, einen einstündigen Film für Arte daraus zu machen. Gelungen ist ihm ein einfühlsames Porträt der Agentur sowie der Einblick in die Arbeitsweise einzelner Fotografen. Dabei wird deutlich, dass, bei aller kuscheligen Nestwärme des Kollektivs, auch Ostkreuz sich auf dem stetig härter umkämpften Markt für Bilder bewähren muss. Offenkundig gelingt ihnen das, sonst gäbe es diesen Film wohl nicht, der von Arte leider auf einem Vorabendplatz lieblos versendet wurde. Aber dafür gibt es ja die Mediathek, wo man ihn noch bis kommenden Sonntag anschauen kann.

Ostkreuz - Agentur der Fotografen. rbb/Arte 2014, 52 Minuten

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