Angeschmiert: Berlin Cosmetics macht Schluss

Die Produktion wird nach Köln verlegt, aber die alten Marken sollen nicht verschwinden

  • Andreas Heinz
  • Lesedauer: 2 Min.
Vor gerade einmal vier Wochen freuten sich die Läuferinnen des Teams 1 Berlin im Synchron-Eiskunstlaufen noch: »Berlin Cosmetics versorgt uns mit hauseigenem Make-up und Kosmetika. Für die aktuelle Saison gehen die Berliner Größen einen gemeinsamen Weg«, freute sich Sprecher Robert Schünemann. »Und nun ist nichts mehr?«, fragte er ungläubig, als er gestern von der bevorstehenden Schließung der Produktionsstätte in Marzahn erfuhr. Die Herstellung werde Ende dieses Jahres in die Zentrale nach Köln verlagert, wo das Hauptunternehmen Maxim seinen Sitz hat. Nur der Vertrieb bleibe erhalten, ließ der Betrieb verlauten. Angeblich machen Billiganbieter aus Asien und Osteuropa hier zu viel Druck. Presseberichten zufolge will man die Herstellung deshalb im Rheinland konzentrieren. Insgesamt 4,9 Millionen Euro Verluste habe das Unternehmen in der Bitterfelder Straße in den vergangenen Jahren gemacht. Dem stünden zehn Millionen Euro Investitionen gegenüber. Der Jahresumsatz liege bei rund 18 Millionen Euro. Den hiesigen Mitarbeitern seien Jobs in Köln angeboten worden: »Wer will, kann umziehen«, wurde lapidar aufgefordert. Lediglich 10 bis 15 Stellen für den Vertrieb blieben erhalten. Wer nicht mitmacht, kann gehen. Mehr als 40 Mitarbeitern sei gekündigt worden. Jeder Berliner Mitarbeiter, der nicht wolle oder könne, bekomme pro Beschäftigungsjahr ein halbes Monatsgehalt Abfindung. Unternehmensboss Rolf Giesen war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen: »Der Chef ist bis nächste Woche verreist.« Auch von der Berliner Geschäftsleitung des Produzenten gab es keine Auskunft. »Wieder einmal angeschmiert«, reagierten Mitarbeiter wütend und enttäuscht. Die Konzentration auf den Standort Köln sei notwendig, um das Personal »je nach Auftragslage flexibler einsetzen zu können«, begründete ein Sprecher die Einstellung der Produktion am Marzahner Standort. Hier wurden vor allem Lippenstifte, Augenkosmetik und Cremes der Marke »Kaloderma« hergestellt Aus dem Haus Berlin Cosmetics GmbH & Co KG kommen alt bekannte Produkte wie Koivo, Atoll, Soirée, Alon; 2001 übernahm Giesen die Marke »Kaloderma« von Schwarzkopf und Henkel. Das Sortiment werde beibehalten, aber in Zukunft in Köln produziert, hieß es. Das Unternehmen ging aus dem VEB Kosmetik-Kombinat Berlin hervor, das Kombinat wurde 1990 aufgelöst, am 1. September 1997 übernahm Giesen Berlin Cosmetics aus der Insolvenz. Danach seien die Geschäfte erst einmal gut gelaufen. Von der Senatswirtschaftsverwaltung erhielt Berlin Cosmetics »Zuschüsse und Darlehen«, wie gestern bestätigt wurde. »Ein Teil« sei zurückgezahlt worden, Beträge wurden nicht genannt. Bei der Senatswirtschaftsverwaltung war man völlig überrascht von der angedrohten Schließung des Werkes. »Wir haben auch gerade davon erfahren«, teilte Sprecherin Birgit Schmidt auf ND-Anfrage mit. »Das Unternehmen hat mit uns bisher keinen Kontakt aufgenommen.« Das Hauptwerk Maxim beliefert vor allem Discounter wie Aldi mit Körperpflegeprodukten.

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