TTIP-Gegner gehen auf die Straße

Europaweiter Aktionstag gegen Freihandelsabkommen mit Nordamerika / EU-Kommissar kritisiert Bundesregierung

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Samstag findet ein europäischer Aktionstag gegen das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU statt. Gefordert wird eine grundlegende Wende in der Handelspolitik.

»Hier sollen auch weiterhin Bücher ausliegen.« So beginnt ein Text, der heute bundesweit die Schaufenster vieler Buchhandlungen verhängen wird. Damit wollen diese auf die negativen Auswirkungen des geplanten Freihandelsabkommens zwischen den USA und der EU (TTIP) auf die Kulturbranche hinweisen. Denn das Abkommen, wie es weiter heißt, »bedroht die Buchpreisbindung. Ein irreparabler Schaden für AutorInnen, LeserInnen und den Buchhandel. Verhindern wir TTIP!«

Die Plakataktion ist Teil eines europaweiten Protesttages. Dabei werden am Samstag neben Kundgebungen und Demonstrationen auch Unterschriften gesammelt. Dem Bündnis »Stop TTIP« aus rund 250 Organisationen in 22 EU-Ländern hatte die EU-Kommission aus formalen Gründen eine Anerkennung als Europäische Bürgerinitiative (EBI) verweigert. Unterschriften gegen TTIP und das bereits verhandelte Abkommen der EU mit Kanada, CETA, sollen trotzdem gesammelt werden - allein in den ersten vier Tagen waren es über 400 000. Europaweit mindestens eine Million, das Quorum für eine EU-Bürgerinitiative, ist das Ziel. Zudem will man vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Ablehnung der EBI klagen.

Besonders in Westeuropa wird am Samstag protestiert werden. So sind in Deutschland Aktionen an über 100 Orten angekündigt, ähnlich viele sollen in Frankreich, Italien, Spanien und den Niederlanden stattfinden. Laut einer Übersichtskarte soll es auch einzelne Aktionen in den USA und Kanada geben. Gefordert werden der Stopp der Verhandlungen und eine grundlegende Wende in der Handelspolitik. »Die Macht und die Einflussmöglichkeiten von Konzernen und Investoren würden sich drastisch erhöhen - auf Kosten von Demokratie, Mensch und Umwelt«, erklärte Roland Süß vom Attac-Koordinierungskreis. Kritikpunkte der Gegner sind besonders die auf dem Tisch liegenden Vorschläge zur Reduzierung der nicht-tarifären Handelshemmnisse und die Verankerung von Investorenschutzrechten. Letztere wurden inzwischen aus den Verhandlungen ausgeklammert, sind aber im bereits fertigen CETA-Vertragswerk verankert, das als Blaupause für das weitaus größere Abkommen mit den USA gilt.

Strittig ist, ob nur das Europäische Parlament oder auch die 28 nationalen Parlamente CETA zustimmen müssen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass auch der Bundestag entscheiden muss. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte zudem erklärt, ohne Änderungen im Investitionsschutzteil könne Deutschland dem Abkommen mit Kanada nicht zustimmen. Er setze auf Gespräche mit der designierten EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström.

Ihr noch amtierender Vorgänger Karel de Gucht bleibt hier hart: »Das Abkommen wird von mir um kein Jota geändert. Das gilt auch für meine Nachfolgerin.« der EU-Kommissar erinnerte bei einer Veranstaltung am Donnerstagabend in Berlin die Bundesregierung daran, dass sie in zahlreichen Wirtschaftsabkommen selbst die jetzt kritisierten Investitionsschutzrechte verankert habe. Es sei »verständlich, dass sich Drittländer wie Kanada, aber auch die USA auf einen gemeinsamen Standard in der EU verlassen wollen«, sagte de Gucht. Zudem hätte ein Verzicht auf Investitionsschutzklauseln gravierende Auswirkungen auf künftige Verhandlungen etwa mit China. Der Kommissar bekräftigte erneut, dass, wie CETA zeige, mit den Freihandelsabkommen keine Standards etwa beim Verbraucherschutz abgesenkt würden.

Gentechnikgegner hingegen befürchten, dass die Genehmigung gentechnisch veränderter Pflanzen (GMO) in der EU leichter wird. Schließlich strebten beide Vertragspartner eine Harmonisierung der Zulassungsregelungen an. De Gucht hält dagegen, dass es in Europa keine Landwirtschaft mehr geben würde, wenn GMO in Futtermitteln nicht erlaubt wären. Und den von Nichtregierungsorganisationen erhobenen Vorwurf mangelnder Transparenz gab der Kommissar an die EU-Regierungen weiter: Diese hätten lange verhindert, dass das Verhandlungsmandat öffentlich gemacht werde.

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