Großprojekte mit Geschmäckle
MEINE SICHT
Wo viel Geld fließt, sind häufig Menschen nicht weit, die daraus persönliche Vorteile ziehen wollen. Das ist bei weitem kein außereuropäisches Phänomen, sondern kommt auch in Berlin immer wieder vor. Jüngstes Beispiel ist der Ex-Technikchef des Flughafengroßprojekts BER, Jochen Großmann. Er wurde vom Amtsgericht Cottbus wegen Bestechlichkeit und Betrugs verurteilt. Ein Einzelfall sei dies, heißt es bei den politisch Verantwortlichen.
Doch beim Flughafen BER läuft derzeit noch ein weiteres Verfahren gegen drei Manager, die sich wegen des Baus einer Trinkwasser- und Abwasserleitung für den Großflughafen verantworten müssen. Auch hierbei geht es um Korruptionsvorwürfe und Vorteilsnahmen. Nicht auszuschließen, dass es darüber hinaus weitere Fälle mit Geschmäckle auf der Großbaustelle in Schönefeld gibt, von denen die Öffentlichkeit bisher nichts weiß.
Dabei war beim BER von Anfang an versucht worden, solche Missstände auszuschließen. Die Flughafengesellschaft hatte beispielsweise bereits 2005 mit der unabhängigen Organisation Transparency International Deutschland einen sogenannten Integritätsvertrag zur Vorbeugung gegen Korruption und illegale Absprachen abgeschlossen. Überdies wurde ein unabhängiger externer Beobachter eingesetzt. Verhindert hat dies Korruption genauso wenig wie die Einsetzung einer Ombudsfrau sowie eines Korruptionsbeauftragten, an die sich seit 2010 Dienstleister und Geschäftspartner wenden können, um Hinweise zu Fällen zu liefern, denen nachgegangen werden soll.
Der Fall des Großflughafens BER in Schönefeld zeigt: Trotz größter Vorsorge ist Korruption auch hierzulande nie gänzlich auszuschließen. Für geplante Großprojekte wie die mögliche Bewerbung Berlins für olympische und paralympische Spiele sind das keine guten Vorzeichen. Das Transparenzversprechen des Senats für eine Olympiabewerbung klingt zwar erst mal gut, doch die aktuellen Ermittlungen im Fall Olympiastadion zeigen, dass auch in diesem Bereich nichts ausgeschlossen werden kann - im Gegenteil.
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