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Sicheres Wohnen als Miteigentümer im gemeinsamen Haus
Genossenschaftliches Wohnen ist neben dem Wohnen in Miet- und in Eigentumswohnungen die drittwichtigste Säule der Wohnraumversorgung in Deutschland. Rund 2000 Wohnungsgenossenschaften gibt es hierzulande mit etwa drei Millionen Mitgliedern und mehr als zwei Millionen Wohnungen. Im Folgenden erläutert der Mieterverein München e.V. Grundzüge des Genossenschaftswesens, die im Genossenschaftsgesetz festgelegt sind.
Jede Genossenschaft hat ihre eigene Satzung - auch Statut genannt -, in der die Details ihrer Zielsetzung, ihres Förderauftrages, die Rechte und Pflichten der Mitglieder, ihre Organisations-Struktur, Wohnungsvergaberichtlinien, ihre Beitrittsbedingungen usw. festgelegt sind. Genossenschaften sind Selbsthilfeorganisationen, deren primärer Zweck es ist, ihren Mitgliedern zu dienen, d.h. in der Regel ihnen preiswerte Dienste zu sichern, gleich ob es sich dabei um Produktions-, Einkaufs- oder eben Wohnungsgenossenschaften handelt.Der Förderauftrag von Wohnungsgenossenschaften besteht normalerweise darin, ihren Mitgliedern dauerhaft gute, bezahlbare Wohnungen zur Verfügung zu stellen. Es gibt aber auch Wohnungsgenossenschaften, insbesondere solche neueren Datums, die sich selbst noch andere Schwerpunkte ins Statut geschrieben haben, beispielsweise geeigneten Wohnraum speziell für Senioren zu errichten, wertvolle Altbauten zu sanieren und/oder eine besonders ökologische Bauweise zu fördern.
Lebenslanges Wohn- und
Nutzungsrecht der Mitglieder
Ganz gleich, ob es um kleine oder große, um eher traditionelle oder moderne Genossenschaften handelt - gemeinsamer und entscheidender Vorteil des genossenschaftlichen Wohnens ist das lebenslange Wohn- bzw. Nutzungsrecht, das man als Mitglied in einer Genossenschaftswohnung genießt. Vor allem die eigentumsähnliche Sicherheit, die z. B. eine Eigenbedarfskündigung des Vermieters ausschließt, rechtfertigt das Schlagwort vom »Mieter im eigenen Haus«, selbst wenn ein Genossenschaftsmitglied in der Realität nur einen kleinen Anteil von einigen hundert Euro besitzt.
Das Miteigentum des Genossenschaftsmitglieds bezieht sich also nicht auf die selbst genutzte Wohnung, sondern auf das Wohnungsunternehmen. Und die Genossenschaft bleibt auch stets Eigentümerin der Grundstücke, Häuser und Wohnungen, gleich wie viele Anteile jemand gezeichnet hat.
Wer die Wohnung will,
muss Genosse sein
Wer eine Genossenschaftswohnung beziehen will, muss normalerweise Genosse werden, d.h. einen Aufnahmeantrag stellen und mindestens einen Geschäftsanteil erwerben. Ausnahme: Eine Genossenschaft erwirbt eine Wohnung, die bereits vermietet ist. Weil Kauf Miete nicht »bricht«, kann der bisherige Mieter nicht zur Mitgliedschaft gezwungen werden. Allerdings kann er dann auch nicht die besonderen Vorteile des Genossenschaftsrechts, insbesondere das lebenslange Wohnrecht, in Anspruch nehmen.
Anteile und Eigenkapital
der Genossenschaft
Solch ein Anteil kostet - je nach Genossenschaft - zwischen 250 und 3000 Euro. In manchen Genossenschaften genügt diese einmalige Einlage, um Anspruch auf eine Wohnung zu haben. Andere Genossenschaften verlangen von ihren Mitgliedern, über diesen Pflichtanteil hinaus zusätzliche wohnungsbezogene Anteile zu zeichnen. In diesem Fall wird man mit dem Erwerb des Pflichtanteils zunächst nur förderndes Mitglied und kommt auf eine Warteliste.
Praktisch ist es leider so, dass in Großstädten, wie bei uns in München, oft jahrelang gewartet werden muss, bis man Mitglied einer Wohnungsgenossenschaft werden kann bzw. als Mitglied eine Wohnung bekommt.
Die Summe der Genossenschaftsanteile bildet einschließlich der angesparten Rücklagen das Eigenkapital einer Genossenschaft und damit die Basis ihres Geschäfts. Die Anteile werden zusammen mit staatlichen Förderdarlehen und normalen Bankkrediten für Kauf oder Bau von Häusern, zur Instandhaltung, für Verwaltungszwecke etc. verwendet.
Fast alle Genossenschaften beteiligen ihre Mitglieder an der Gewinnausschüttung (sofern Gewinne erwirtschaftet werden), sie zahlen eine, wenn auch geringe Dividende auf das eingezahlte Kapital. Geschäftliche Überschüsse, die über diese Dividende hinaus gehen, werden stets wieder reinvestiert oder für Rücklagen verwendet. Eine Abschöpfung der Gewinne wie bei kommerziellen Unternehmen findet also nicht statt.
Wer aus einer Wohnung auszieht bzw. aus der Genossenschaft austritt, erhält sämtliche Anteile zurück. Allerdings muss man bei einigen Genossenschaften eine relativ lange Kündigungsfrist (der Anteile, nicht der Wohnung!) in Kauf nehmen, weil die Einlagen in laufenden Projekten gebunden sind und nicht sofort frei gemacht werden können.
Solidargemeinschaft in
guten und schlechten Zeiten
Die Genossenschaft ist eine Solidargemeinschaft in guten wie in schlechten Zeiten. Das bedeutet, dass im Fall eines Konkurses die Genossenschaftsmitglieder mit ihren eingezahlten Geschäftsanteilen haften. Eine weitergehende Haftung bzw. Nachschusspflicht ist aber ausgeschlossen.
Wer in eine Genossenschaftswohnung zieht, schließt keinen Mietvertrag im eigentlichen Sinne, sondern einen Dauernutzungsvertrag ab. Dieser gleicht im wesentlichen einem Mietvertrag; dort sind sämtliche Rechte und Pflichten des Nutzers/Mieters in Bezug auf Benutzung der Wohnung, auf Reparaturen, Nebenkosten etc. festgelegt.
Das Nutzungsentgelt
ist die monatliche Miete
Unter anderem wird im Nutzungsvertrag (Mietvertrag) auch ein monatliches Nutzungsentgelt vereinbart, das einer Miete entspricht. Die Höhe des Nutzungsentgelts hängt dabei von vielen Faktoren ab: insbesondere von der Größe, der Lage und dem Zustand der Wohnung, vom Förderauftrag der jeweiligen Genossenschaft, je nach Satzung vielleicht auch vom Einkommen und/oder von der Höhe der persönlichen Einlage. Je mehr Anteile ein Genossenschaftsmitglied gezeichnet hat, desto geringer ist normalerweise das Nutzungsentgelt bzw. die Miete, die jeden Monat gezahlt werden muss.
Bei Mieterhöhungen geht es nicht um hohen Gewinn
Aus dem Anspruch und der Bandbreite genossenschaftlichen Wohnens folgt jedoch auch, dass Genossenschaftswohnungen, zumal neue oder aufwändig modernisierte, nicht immer billig sind. Denn auch Genossenschaften sind den Marktgesetzen unterworfen. Sie sind z. B. nicht mehr an die Einhaltung der Kostenmiete gebunden, seit das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz im Zuge der Steuerreform von 1990 aufgehoben wurde. Das heißt konkret: Wenn die Kostenmiete (Beschränkung der Miethöhe auf nachweisbare Kosten) nicht explizit im alten Miet- bzw. Nutzungsvertrag festgelegt ist, dürfen auch Genossenschaftsmieten - unter Beachtung der "normalen" gesetzlichen Kappungsgrenzen - auf das ortsübliche Niveau angehoben werden.
Weil es aber Genossenschaften nicht darum geht, mit dem Gut Wohnung zu spekulieren und höchstmögliche Gewinne zu erwirtschaften und abzuschöpfen, sind selbst hochwertige Genossenschaftswohnungen in der Regel eben doch günstiger als vergleichbare Wohnungen auf dem privaten Wohnungsmarkt.
Mitgliederversammlung
und Aufsichtsrat
Üblicherweise hat jedes Genossenschaftsmitglied eine Stimme, ganz gleich wie viele Anteile es besitzt (anders als z.B. bei Aktionären, wo derjenige das Sagen hat, dem die meisten Anteile gehören). Mindestens einmal im Jahr gibt es eine Mitgliederversammlung, sie ist wichtigste Organ der Genossenschaft, wo über die Grundsätze der Geschäftspolitik abgestimmt wird. Je nach Größe der Genossenschaft können die Mitglieder aber auch Vertreter wählen.
Die Mitglieder- oder Vertreterversammlung wählt aus ihrem Kreis einen Aufsichtsrat, der den Vorstand, der die Geschäfte führt, berät und kontrolliert. Jedes Mitglied besitzt ein aktives und ein passives Wahlrecht, d.h. es kann sich theoretisch auch selbst um eine Position im Aufsichtsrat bewerben.
Zwar schützt das satzungsgemäße und vertraglich abgesicherte Dauernutzungsrecht Genossenschaftsmitglieder deutlich stärker vor überraschenden Kündigungen durch den Vermieter, z. B. wegen Sanierung, Umwandlung oder Eigenbedarf. Andererseits berechtigt dieses Recht natürlich nicht zum willkürlichen Umgang mit der Wohnung. Bei schwerwiegenden Verstößen gegen die Genossenschaftssatzung und/oder den Nutzungsvertrag müssen auch Genossenschaftsmitglieder mit Kündigung rechnen. Auch wer die von der Genossenschaft zur Verfügung gestellte Wohnung kaum noch nutzt, kann unter Umständen aus der Genossenschaft ausgeschlossen werden und letztlich die Wohnung verlieren. Der Mieter selbst kann sowohl das Nutzungs-/Mietverhältnis als auch die Mitgliedschaft in der Genossenschaft (unabhängig von der Wohnnutzung) kündigen. Hierbei sind lediglich die in der jeweiligen Satzung festgelegten Kündigungsfristen einzuhalten. Beim Auszug bzw. Austritt aus der Genossenschaft wird das Guthaben wieder ausgezahlt.
Wohnungen können
nicht vererbt werden
Weil das genossenschaftliche Wohnrecht kein Eigentumsrecht, sondern ein Dauerwohnrecht auf Lebenszeit ist, kann die Wohnung nach dem Tode auch nicht vererbt werden. Vererbt werden können lediglich die Genossenschaftsanteile und damit in der Regel der Anspruch auf eine Wohnung. Das kann entweder die Wohnung sein, in der der/die Erbe/n - im Normalfall also der Ehepartner oder die Kinder - bereits wohnen, evtl. aber auch eine andere, besser geeignete Genossenschaftswohnung.
Auch in Genossenschaften
gilt normales Mietrecht
Über Satzung und Nutzungsvertrag hinaus findet das »normale« Mietrecht auch bei Genossenschaftswohnungen Anwendung. Ob Kündigungsschutz, Nebenkostenabrechnung, Schönheitsreparaturen, u.ä. - Genossenschaften sind als Vermieter ganz genauso an die gesetzlichen Bestimmungen gebunden wie alle anderen Wohnungseigentümer auch. Auch bei Mieterhöhungen gelten die jeweiligen Vorschriften des Mietrechts. Bei Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern und Genossenschaften wird in den meisten Fällen nach dem Mietrecht entschieden.
Zwei Rechtsverhältnisse
sind zu beachten
Wer in einer Genossenschaftswohnung lebt, hat es also mit zwei unterschiedlichen Rechtsverhältnissen zu tun: mit dem Miet- oder Nutzungsverhältnis und dem Genossenschaftsverhältnis. Beim Nutzungsverhältnis gilt zwar, wie erläutert, das gesetzliche Mietrecht, wer allerdings seine Wohnung kaum noch nutzt, kann aus der Genossenschaft ausgeschlossen werden. Mieter können sowohl das Nutzungsverhältnis als auch die Mitgliedschaft in der Genossenschaft (unabhängig von der Wohnungsnutzung) kündigen. Hierbei sind die in der S...
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