Haben Sie was gegen die Feuerwehr?
Malchows Bürgermeister Joachim Stein über Imageschaden und reinigende Gewitter / Der 59-jährige Kommunalpolitiker (Bündnis 90/Die Grünen) ist seit 14 Jahren Bürgermeister in Malchow
Stein: Nein, um Gottes willen. Wir brauchen natürlich die Feuerwehr für den Brandschutz und für die technische Hilfestellung. Ich ziehe vor allen Kameraden, die ehrlich ihren Dienst tun, meinen Hut. Aber darum ging es hier in Malchow auch nicht.
Worum dann?
Hier hatten sich über Jahre hinweg Unregelmäßigkeiten entwickelt. Dabei hatten einige Leute die Führung an sich gezogen, die die Feuerwehr gewissermaßen als ihr Privatunternehmen betrachtet haben, mit Geldern nicht ordentlich umgegangen sind und Kameraden gemobbt haben. Außerdem gab es einen Dauerzwist mit der Stadt, von der sie angeblich nicht genügend Geld bekommen hätten. Aber wie man jetzt nach einer ersten Inventur gesehen hat, waren sowohl genügend Geld als auch ausreichend und ungenutzte Ausrüstung da. Im Grunde genommen hat die alte Führung unserer Feuerwehr im schlimmsten Sinne des Wortes unkameradschaftlich gehandelt.
Sie haben in diesem Zusammenhang auch das harte Wort von »mafiösen Strukturen« verwendet. Was meinen Sie damit?
Es geht zum einen um die Geldfrage. So gab es keine ordentlichen Rechenschaftsberichte. Zum anderen wurde eine sehr eigenwillige Personalpolitik betrieben: Kameraden, deren Nase der Führung nicht gepasst hat, wurden herausgedrängt. Neue Kameraden wurden nicht zu Weiterbildungslehrgängen geschickt, sondern aus nichtigen Gründen wieder ausgeschlossen. Und nicht zuletzt wurden junge Leute nicht in solche Funktionen gelassen, für die sie geeignet waren und gebraucht worden wären. Außerdem durften nur ganz bestimmte, ausgewählte Personen die Feuerwehrfahrzeuge fahren. Das alles waren Dinge, die in einer Wehr, in der es kameradschaftlich zugehen soll, einfach nicht zu akzeptieren sind.
Und wie geht es jetzt weiter?
Wir haben jetzt eine Pflichtfeuerwehr, wobei die Stadtvertretung eigentlich nur den neuen Wehrführer eingesetzt hat. Alle anderen Kameraden - inzwischen sind es bereits wieder 30 - sind dagegen alle freiwillig dabei. Ich habe und werde keinen einzigen verpflichten. Und ich denke, wir werden etwa in einem Monat die Mindest-Sollstärke von 38 Kameradinnen und Kameraden erreichen. Wahrscheinlich zum Jahresende wird es hier in Malchow auch wieder eine Freiwillige Feuerwehr geben. Und das war es dann. Wir haben ein reinigendes Gewitter erlebt. Und das war gut so.
Und wenn es jetzt brennt? Wie sicher ist Ihre Stadt dann?
Wir sind wieder einsatzfähig. Wir werden Lehrgänge durchführen und fehlendes Material beschaffen. Und wir hatten am vergangenen Sonnabend bereits eine erste Übung auf dem Gelände der Landesschule für Brand- und Katastrophenschutz hier in Malchow - übrigens zum allerersten Mal seit Bestehen der vielleicht besser unter ihrer früheren Bezeichnung Landesfeuerwehrschule bekannten Einrichtung. Dazu sind wir mit unseren Feuerwehrautos durch die Stadt gefahren. Die Leute haben hingesehen und gesagt: Gut, dass ihr wieder da seid. Und wenn es wirklich brennen sollte, dann kooperieren wir mit anderen Wehren aus den umliegenden Gemeinden. Fazit: Malchow ist sicher.
Fragen: Jürgen Seidel
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