Alarm im Weltraum

Im US-Teil der Internationalen Raumstation ISS könnte Ammoniak ausgetreten sein

  • Lesedauer: 3 Min.
Eilig müssen zwei US-Astronauten ihren Forschungsbereich verlassen. Ein giftiger Stoff könnte ausgetreten sein. Die Luke wird geschlossen, akute Lebensgefahr besteht am Mittwoch nicht.

Alarm im All: Nach dem möglichen Austritt von giftigem Ammoniak auf der Internationalen Raumstation ISS ist das US-amerikanische Segment evakuiert worden. Der Druck im Kühlsystem dieses Segments sei plötzlich sehr stark gefallen, teilte die Flugleitzentrale bei Moskau nach Berichten russischer Agenturen am Mittwoch mit. Als möglicher Grund wurde der Austritt von Ammoniak vermutet. Die US-Astronauten Barry Wilmore und Terry Virts begaben sich zur Sicherheit mit großer Eile in den russischen Teil. Die Luke zwischen den beiden Modulen sei geschlossen worden, hieß es.

Austritt von Ammoniak gilt - neben einem Brand und einem Druckabfall - als größte Gefahr für den Außenposten der Menschheit. Der gasförmige Stoff dient unter anderem zur Kühlung des Stromkreislaufs auf der ISS rund 400 Kilometer über der Erde. Derzeit arbeiten auch noch drei Russen sowie die Italienerin Samantha Cristoforetti auf der ISS.

»Nach unseren Informationen ist sie ebenfalls im russischen Modul«, sagte ein Mitarbeiter der Europäischen Raumfahrtagentur ESA. Neben dem russischen und dem US-amerikanischen Segment gehören auch ein europäisches und ein japanisches Labor zur Raumstation.

Die US-Raumfahrtbehörde NASA teilte mit, der Austritt von Ammoniak sei zunächst unbestätigt. Sicherheit gehe vor. »Wir wissen aber nicht, was Ursache des Alarms war. Möglicherweise war es der Fehler eines Sensors, möglicherweise ein Druckproblem. Wir haben bislang zumindest keine Hinweise auf ausgetretenes Ammoniak«, teilte die NASA mit. Sie kündigte eine umfangreiche Prüfung aller Systeme der ISS an.

Der Raumfahrtbehörde Roskosmos in Moskau zufolge werden die beiden US-Astronauten vermutlich bis zu diesem Donnerstag im russischen Segment bleiben. »Es gibt dort genug Sauerstoff und Lebensmittel«, sagte Roskosmos-Chef Oleg Ostapenko. »Gegenwärtig ist das amerikanische Segment der ISS isoliert, die Mannschaft ist in Sicherheit und befindet sich im russischen Segment«, betonte er. Roskosmos zufolge wurde der Alarm gegen 9.44 Uhr (MEZ) ausgelöst.

Der deutsche Astronaut Alexander Gerst sagte, die Situation auf der ISS führe hoffentlich nicht zu größeren Schwierigkeiten. Die Mannschaft sei auf solche Fälle auch vorbereitet. »Das wird im Training geübt«, sagte er in Darmstadt. Die Hälfte der Übung sei Notfalltraining, berichtete der Geophysiker. Er hatte von Mai bis November 2014 in der Schwerelosigkeit geforscht.

»Die Luke zum US-Segment ist geschlossen, nun läuft die Untersuchung«, sagte Frank De Winne von der ESA. Man nehme den Zwischenfall sehr ernst. Bereits im Mai 2013 war ein Leck im Kühlsystem der ISS aufgetreten. Damals mussten zwei US-Astronauten ins All aussteigen, um das Loch bei einem Außeneinsatz abzudichten.

Die Internationale Raumstation ISS gilt seit mehr als 15 Jahren als Außenposten der Menschheit. Gut ein Dutzend Staaten beteiligen sich an dem Projekt, neben Ländern der Europäischen Union auch Kanada, Japan, Russland und die USA. Seit dem Jahr 2000 sind ständig Menschen auf der ISS. Kommandeur ist meist ein Russe oder US-Amerikaner. Die optimale Besetzung sind sechs Raumfahrer. Sie verbringen jeweils etwa ein halbes Jahr im Orbit. Zu ihren Aufgaben dort gehören Experimente in der Schwerelosigkeit. Forscher erhoffen sich davon auch Erkenntnisse über einen möglichen dauerhaften Aufenthalt im All und für eine bemannte Mars-Mission. Das Schicksal der Raumstation steht in den Sternen. Russland hat nach mehr als 15 Jahren ein Ende seines Engagements für 2020 angekündigt - wohl auch eine Reaktion auf US-Sanktionen im Ukraine-Konflikt. Agenturen/nd

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