Werbung

Hannes Reichelt siegt, Bode Miller stürzt

Bei der Ski-WM in Beaver Creek stehlen die Österreicher ihren amerikanischen Gastgebern die Show

  • Elisabeth Schlammerl, Vail
  • Lesedauer: 3 Min.
Hannes Reichelt unterstreicht in Colorado seine Favoritenrolle. Für Bode Miller ist die WM nach einem Sturz schon wieder vorbei.

Der offizielle Teil der Feier dauerte nicht viel länger als eine Fahrt die Piste »Bird of Prey« hinunter. Nicht einmal ein Glas Sekt gönnte sich Hannes Reichelt, nur ein paar Fotos mit Goldmedaille und Siegertorte, dann verzog er sich mit seiner Freundin in den Nebenraum des Österreich-Hauses. Eine bescheidene Party für den Triumph im Super-G bei der Ski-WM, aber der rot-weiß-rote Goldrausch in Beaver Creek soll ja noch nicht vorbei sein. »Der größte Druck ist weg«, sagte der 34-jährige Radstädter vor der Abfahrt an diesem Samstag.

Nicht nur deshalb ist er nun auch in dieser Disziplin der große Favorit. Die Pistenverhältnisse scheinen wie bestellt für Reichelt, denn auch in der Abfahrt wird derjenige gewinnen, der feinfühlig fährt und trotzdem ans Limit geht. Der als großer Titelkandidat angereiste Kjetil Jansrud scheiterte am Donnerstag an seiner zu aggressiven Fahrweise - und an einem Tor, das er touchierte. Der Norweger erlitt dabei eine leichte Schulterblessur. Im Gegensatz zu einem anderen Bruchpiloten kann er aber die Abfahrt bestreiten. Bode Miller passierte bei seinem Comeback ein ähnlicher Fehler, allerdings mit schlimmerem Ausgang. Er stürzte, zog sich einen Sehnenriss im Unterschenkel zu. Nun muss er zuschauen.

Reichelt galt in seiner Heimat bisher als nicht stabil genug für Großereignisse. Zwar ist er im Weltcup seit Jahren häufiger Gast auf dem Podest, gewann neun Rennen, aber bei zuvor sechs Weltmeisterschaften und nur einem Olympiastart reichte es nur zu einer Silbermedaille. Die größte Enttäuschung war die Heim-WM 2013, als Österreich in Abfahrt und Super leer ausging. »Die US-Boys haben uns in Schladming die Show gestohlen«, sagte Reichelt. »Dieses Mal versuchen wir, uns zu revanchieren.«

In Vail/Beaver Creek stehen nun die amerikanischen Athleten im Fokus, allerdings ist dies nicht annährend vergleichbar mit den Ansprüchen an die Österreicher von vor zwei Jahren. Wenn Amerikaner bei Großereignissen in Europa in den vergangenen Jahren abräumten, wurde stets die besondere Mentalität herangeführt. »Wir tun das Richtige, wenn es zu den großen Events geht. Wir wachsen an der Herausforderung«, sagte frühere Super-G-Weltmeister Daron Rahlves einmal.

Aber im ersten Wettbewerb der WM in Colorado haben die hochgehandelten Männer nicht unbedingt das Richtige getan. Travis Ganong schied aus, der Spezialist für Großereignisse, Andrew Weibrecht, riskierte zu viel und wäre beinahe gestrauchelt. Bode Mille war nur knapp drei Monate nach seiner Bandscheibenoperation auf dem Weg zu einer Überraschung, bis zur dritten Zwischenzeit. Steven Nyman ist eher ein Mann für die Abfahrt, und auch Titelverteidiger Ted Ligety blieb als Neunter weit vom Podium entfernt. »Natürlich ist es hier für uns einfacher«, findet Reichelt. »Hier kann ich einen Kaffee trinken gehen und keinen juckt’s.«

Der amerikanischen Ski-Verbandspräsident Gale H. Shaw glaubt trotzdem nicht, dass die Heim-WM seine Athleten belastet. »Sie sind derart erfahren und Meister im Umgang mit solch speziellen Situationen«, hofft er. Vielleicht liegt die Piste Birds of Prey den Lokalmatadoren einfach nicht. Seit 2011 gab es nur zwei amerikanische Podestplätze in Abfahrt und Super-G, dagegen sieben für Österreich. Trotzdem hatte man in der Alpenrepublik Sorge, der US-Verband könnte seinen Athleten einen Heimvorteil verschaffen. »Die haben auf der WM-Strecke bis zur Bewusstlosigkeit trainiert«, sagte Alpinchef Hans Pum. So wie seine Athleten einst in Schladming. Damals half es ihnen nichts. Ted Ligety gewann dreimal Gold.

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal