Wenn Olympia in Tegel landet

Stadtentwicklungssenator Geisel erklärt, dass Berlin Visionen braucht - eine soll auf einem stillgelegten Flughafen entstehen

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Flughafen Tegel soll zum olympischen Dorf werden. Die Wohnungen werden auch gebaut, wenn es nicht klappt mit den Spielen.

Von Bernd Kammer

Von Tegel nach Prag ist es nicht weit. Ein Katzensprung praktisch, und deshalb kommt der Stadtentwicklungssenator auch gleich auf Prag zusprechen, als er am Montag am Rande des Flughafens Tegel die Pläne für dessen Zukunft präsentiert. »Jeder musste in den 90er Jahren mal in Prag gewesen sein«, sagt Andreas Geisel (SPD). Heute sei der Boom vorbei. Und damit es Berlin nicht genauso ergeht, braucht es eine Vision, »die in zehn Jahren auch noch trägt«. Und diese Vision ist Olympia.

Erhält Berlin den Zuschlag für die Spiele, soll auf dem dann stillgelegten Flughafen Tegel das olympische Dorf entstehen, 5000 Wohnungen für 17 500 Sportler und Offizielle. Um den Anforderungen der Paralympischen Spiele zu genügen, müssen 25 Prozent der Wohnungen barrierefrei sein. 50 Hektar des insgesamt 480 Hektar umfassenden Flughafenareals sollen olympisch werden, vor allem der Bereich östlich des Flughafentunnels. Das Dorf wird somit an das vorhandene Wohnquartier am Kurt-Schumacher-Damm anschließen und von dort auch verkehrstechnisch erschlossen werden. Von den U-Bahnhöfen Kurt-Schumacher-Platz und Scharnweberstraße sind es etwa 15 Minuten bis Friedrichstraße. »Das neue Wohngebiet liegt mitten in der Stadt«, konstatiert Geisel.

Das Dorf wird sich in drei Bereiche gliedern: Die »Plaza« am Kurt-Schumacher-Damm mit Amphitheater und »Welcome Center«, in dem sich Besucher und Sportler treffen können, bildet den Haupteingang. In der sogenannten »Residential Zone« befindet sich das eigentliche Wohnquartier mit den entsprechenden Infrastruktureinrichtungen: Hauptspeisesaal, Poliklinik, Fitnesscenter und sogar ein multireligiöses Zentrum. Ein acht Hektar großer Grüngürtel über dem Autobahntunnel trennt diesen Bereich zum einen von der »Operational Zone«, die der Erschließung und Versorgung des Dorfes dient (Akkreditierung, Parkplätze, Wäscherei), und vor allem zum westlich davon entstehenden Industriepark (»Urban Tech Republic«), in dem der Senat Betriebe ansiedeln will, die Zukunftstechnologien entwickeln.

Eine Milliarde Euro sollen die olympischen Wohnungen kosten, die Infrastruktur 245 Millionen extra. Für Gebäude und Anlagen, die später nicht nachgenutzt werden können und abgerissen werden, übernimmt das IOC die Kosten von etwa 145 Millionen Euro. Das Land Berlin müsste also knapp 1,25 Milliarden Euro aufbringen. Ein Teil soll über Grundstücksverkäufe wieder reinkommen. Aber es wären keine zusätzlichen Kosten, sagt Geisel, denn in die Wohnungen würden anschließen 10 000 Berliner einziehen können. Und gebaut würden sie ohnehin, ob Berlin nun den Zuschlag für Olympia bekomme oder nicht. Der Vorteil bei Olympia: »Wenn Klinik, Empfangshalle zu Schule, Kita und kulturellem Treffpunkt umgebaut werden, hätten wir gleich alle Einrichtungen zur Stelle.«

Errichtet werden soll praktisch eine Stadt der Zukunft. Alle Gebäude sollen ressourcenschonend ausgestattet und energetisch optimiert werden. Ziel sei vollständige CO2-Neutralität, so Geisel. Trotzdem sollen die Wohnungen erschwinglich sein. Für 25 bis 50 Prozent will der Senat Fördergelder spendieren.

Für das Dorf soll im ersten Halbjahr 2016 ein städtebaulichen Wettbewerb starten. Mitte 2018 könnten dann in Tegel die Bauarbeiten starten - falls die Fertigstellung des BER nicht Vision bleibt.

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