Putin und die deutsche Panzer-Revolution

Das Verteidigungsministerium zeigt sich gefügig: Mehr »Leoparden« als geplant - Lehre aus der Ukraine-Krise?

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Als eine Lehre aus der Ukraine-Krise erwägt das Verteidigungsministerium mehr »Leopard«-Kampfpanzer zu betreiben, als geplant.

Putin ist schuld - oder? Die Annexion der Krim und der von Russland unterstützte Vormarsch der Separatisten in der Ostukraine zwinge zu Veränderungen in der Bundeswehrplanung. »Wenn man eine glaubhafte Bündnisverteidigung für Europa darstellen will, muss die Truppe voll ausgestattet sein«, sagte der Chef des Bundestag-Verteidigungsausschusses im Bundestag, Hans-Peter Bartels (SPD), der »Süddeutschen Zeitung«.

Bei der Bestimmung der sogenannten strukturbestimmenden Hauptwaffensysteme hatte man 2013 die bis dahin geltende Planung nach unten korrigiert. So wollte man statt 350 Kampfpanzern »Leopard 2« nur 225 behalten. Bereits damals regte sich Protest. Erstens von der Industrie. Die hatte bereits weiterentwickelte Typen im Angebot und fürchtete eine Unterforderung ihrer Kapazität - also Umsatzeinbußen. Die Exportgeschäfte erwiesen sich ob des Überangebots an gebrauchten »Leoparden« als nicht allzu profitträchtig, gegen Geschäfte mit Saudi-Arabien wuchs Protest.

Militärs kritisieren, dass ein deutsches Heer mit vier Standard-Panzer-Bataillonen à 44 »Leo 2« sowie zwei strukturierten Bataillonen nicht ernstzunehmen sei. Schließlich habe man mal zu Hochzeiten des Kalten Krieges nahezu 3500 moderne Kampfpanzer besessen. Um nicht direkt vom mehr Panzern und gepanzerten Fahrzeugen reden zu müssen, will das Ministerium sein »dynamisches Verfügbarkeitsmanagement« überprüft. Es war im Zuge der Bundeswehrreform als eine Art Umlaufbörse erdacht worden. Man wollte Material effektiv nutzen, nicht jeder müsse immer alles haben. Nun geht es um das Verkleinern von »Lücken«. Nicht nur bei Panzern. Generalinspekteur Volker Wieker hatte am Mittwoch vor dem Verteidigungsausschuss erklärt, er solle prüfen, was das Verfügbarkeitsmanagement für die Verpflichtungen gegenüber der NATO bedeutet.

Das alles kommt nicht aus heiterem Himmel. Bereits Mitte Oktober vergangenen Jahres hatten die Obleute der Union und der SPD, Henning Otte und Rainer Arnold, im Verteidigungsausschuss einen Antrag gestellt. Inhalt: »Die gestiegenen sicherheitspolitischen Risiken« erforderten sowohl eine Überprüfung der Stückzahlen wie auch die weitere Modernisierung vorhandener Systeme, »bis hin zu einem Entwicklungsprogramm ›Leopard 3‹«. Das Verteidigungsministerium wurde gedrängt, »dies in die mittelfristige Finanzplanung aufzunehmen«.

Wenige Tage zuvor hatte Otte - Mitglied des Präsidiums im Förderkreis Deutsches Heer - bereits frohe Hoffnung in seinem Wahlkreis Celle-Uelzen verkündet. Wenn die Briten 2015 aus Bergen-Hohne ausziehen, solle dort ein Panzerbataillon der Bundeswehr nachrücken. Das freilich müsste erst aufgestellt werden. 700 bis 1000 Soldaten, dazu Zivilbeschäftigte - Landrat, Bürgermeister und ein Gutteil der Bevölkerung waren begeistert. Auch der Übungsplatz wurde schon modernisiert. Otte ist aber nicht nur Förderer des Heeres. Er agiert auch als Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik. Und da freut er sich natürlich, dass die größte deutsche Rüstungsfirma Rheinmetall sich engagiert in seiner Heimat. Wer einen Blick in die örtliche Jobbörse wirft, sieht, wie viele Leute Rheinmetall-Landsysteme sucht. Bis zu 1800 Beschäftigte will der Konzern am Standort Unterlüß entlohnen. Hier entstehen Schützenpanzer »Puma«. Seit einiger Zeit wird darüber gemosert, dass die vorgenommene Stückzahlreduzierung von 410 auf 350 Fahrzeuge nicht haltbar sei.

Auch am »Leopard« verdient Rheinmetall. Die Firma produziert die Kanone und Munition. Falls man sich demnächst auf mehr Panzer für die Bundeswehr einigt, wird man wohl Fahrzeuge der Serie 2A4 aus den Depots holen. Die muss man »aufmotzen«. Welch Zufall: Dafür hat Rheinmetall das passende MBT-Projekt entwickelt und ihm den Namen »Revolution« gegeben. Kommentar Seite 4

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