Airlines verschärfen Cockpitregeln

Copilot der abgestürzten Maschine war offenbar krank / Beschwerden über Berichterstattung

  • Lesedauer: 3 Min.
Der Copilot des verunglückten Airbus steht im Verdacht, das Flugzeug zum Absturz gebracht zu haben. Nach Angaben der Behörden war er krankgeschrieben.

Berlin. Es kommen immer mehr Details des Flugzeugunglücks in den französischen Alpen ans Licht. So habe der Copilot der angestürzten Germanwings-Maschine nach Erkenntnissen der zuständigen Ermittler eine Erkrankung verheimlicht. In der Wohnung des 27-Jährigen seien Dokumente gefundenen worden, die auf eine Krankheit und eine entsprechende Krankschreibung hinweisen, die auch für den Tag des Fluges gegolten haben. Das teilte die Staatsanwaltschaft in Düsseldorf am Freitag mit. Nach Informationen des »Tagesspiegel« war der Mann in der Uniklinik Düsseldorf wegen Depressionen in Behandlung. Das dementierte das Klinikum umgehen. Zwar sei der Copilot Patient der Klinik gewesen. »Meldungen, wonach Andreas L. wegen Depressionen in unserem Haus in Behandlung gewesen sei, sind jedoch unzutreffend«, erklärte eine Sprecherin. Auskünfte über eventuelle Krankheiten des Mannes machte sie nicht - auch nicht, in welcher Abteilung er Patient war.

Einen Abschiedsbrief oder ein Bekennerschreiben fanden die Ermittler bei der Durchsuchung der beiden Wohnungen in Düsseldorf und Montabaur indes nicht. Auch hätten sich keine Anhaltspunkte für einen politischen oder religiösen Hintergrund der Tat ergeben, hieß es weiter.

Derweil kündigten eine Reihe von Airlines an, ihre Regeln für die Besetzung im Cockpit zu verschärfen. Bei den britischen Fluggesellschaften Virgin Atlantic, Easyjet, Monarch und Thomas Cook muss sich künftig ein Mitglied der Kabinenbesatzung im Cockpit aufhalten, wenn einer der Piloten seinen Platz verlässt. Bei den Billigfliegern Jet2 und Flybe sowie dem irischen Anbieter Ryanair sei es schon Standard. Auch Air Baltic, Norwegian und Air Canada führen nach eigenen Angaben die Zwei-Personen-Regel ein. Bei der tschechischen Fluglinie Czech Airlines und der tschechischen Charterfluggesellschaft Travel Service gilt sie bereits. Auch die deutschen Fluggesellschaften führen die Regelung ab sofort ein. Österreich hatte sich ebenso für die Maßnahme entschlossen.

Die Vereinigung Cockpit begrüßt laut einer Mitteilung das »schnelle und entschlossene Handeln« der deutschen Airlines. Das Vier-Augen-Prinzip im Cockpit biete eine Möglichkeit, auf die Gefahren derart tragischer Unglücke zu reagieren. »Wir dürfen jetzt aber keinen Generalverdacht gegenüber allen Besatzungsmitgliedern aufkommen lassen«, warnte der Präsident der Pilotengewerkschaft, Ilja Schulz.

In dem verunglückten Airbus hatte der Flugkapitän während des Fluges das Cockpit verlassen. Der Copilot übernahm fortan das Flugzeug. Es wird angenommen, dass er die Cockpittür verriegelte und die Maschine bewusst zum Absturz brachte. Dies hatte Diskussionen darüber ausgelöst, ob immer zwei Crewmitglieder im Cockpit sitzen müssen.

Aufgrund der Berichterstattung über das Unglück ist unterdessen eine Debatte darüber entbrannt, ob der Copilot namentlich genannt werden sollte. Die Redaktion von »Spiegel Online« teilte ihren Lesern mit, man werde den Namen des Mannes derzeit nicht vollständig nennen und ihn auch nicht im Bild zeigen. »Bild«-Zeitung und »Faz.net« entschieden dagegen, den Namen zu nennen und begründeten dies mit dem Ausmaß der Flugzeugkatastrophe vom Dienstag, bei der 150 Menschen starben. Beim Deutschen Presserat gingen bis Freitagmorgen mehr als 200 Beschwerden zur Berichterstattung über das Unglück ein.

»Wir haben es mit einem Mann aus der Mitte unserer Gesellschaft zu tun, der als Figur des Grauens, als bisher größter deutscher Verbrecher des (jungen) 21. Jahrhunderts in die Geschichte eingehen wird«, so »Bild« auf ihrer Facebook-Seite. »Ja, wir halten es für legitim, die Hauptbeteiligten von historischen Ereignissen, in diesem Fall den Täter, beim Namen zu nennen.« In »Faz.net« schrieb der Chefredakteur für digitale Produkte, Mathias Müller von Blumencron, der Copilot habe eine der größten Katastrophen der deutschen Luftfahrtgeschichte verursacht. »Die Opfer und die Öffentlichkeit haben ein Recht darauf zu erfahren, wer das Unglück ausgelöst hat.« Agenturen/nd

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