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Verschleierte Parteispenden

Zuwendungen aus dem Jahre 2013 wurden erst jetzt publik - Grund ist eine Lücke im Gesetz

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 4 Min.
Reiche Privatpersonen haben 2013, im Jahr der Bundestagswahl, angeblich mehr als zwei Millionen Euro Spenden an CDU und SPD verschleiert - anrüchig, aber legal.

Das deutsche Parteiengesetz ist in dieser Frage eindeutig: Spenden, »die im Einzelfall die Höhe von 50 000 Euro übersteigen«, sind »dem Präsidenten des Deutschen Bundestages unverzüglich anzuzeigen«. So soll ein Mindestmaß an Transparenz hergestellt werden. Doch offenbar scheuen einige Spender diese Art von Öffentlichkeit und nutzen ein Schlupfloch. Wenn die überwiesenen Einzelbeträge unter der 50 000-Euro-Grenze liegen, dann müssen sie nicht umgehend publik gemacht werden. Nach Recherchen der Organisation Abgeordnetenwatch wurden im Wahljahr 2013 auf diese Weise mehr als zwei Millionen Euro Parteispenden an Union und SPD verschleiert. Allein die CDU erhielt demnach 1,5 Millionen Euro an bislang unbekannten Großspenden, wie Abgeordnetenwatch mitteilte.

Besonders pikant: Ein Drittel der Spenden stammt aus dem Umfeld der Deutschen Vermögensberatung AG (DVAG), die seit Jahrzehnten engste Verbindungen zur Union unterhält. Firmengründer Reinfried Pohl zählte bis zu seinem Tod im Juni 2014 zu den reichsten Deutschen und unterstützte die CDU immer wieder mit großzügigen Spenden. Dafür erhielt er auch mal vertrauliche Hintergrundpapiere aus dem Bundeswirtschaftsministerium, die ihm der damalige Unionsabgeordnete Friedhelm Ost zuspielte. Später avancierte Ost zum Generalbevollmächtigten der DVAG. Der Christdemokrat war bei weitem nicht der einzige Unionsmann im Sold der AG, deren Haustürberater als »Drückerkolonnen« verschrien waren. Aufsichtsratsvorsitzender ist der ehemalige Kanzleramtschef Friedrich Bohl. Im Unternehmensbeirat sitzen unter anderem Exkanzler Helmut Kohl und der frühere Bundesfinanzminister Theo Waigel. CDU-Generalsekretär Peter Tauber war vor seinem Wechsel in den Bundestag auch Pressesprecher der DVAG.

Diese der Öffentlichkeit bekannten personellen Verquickungen mögen den Firmenpatriarchen Reinfried Pohl bewogen haben, seine finanziellen Zuwendungen an die Union diskreter zu handhaben und sie im Jahre 2013 zu stückeln. Über ein Firmengeflecht und die Privatkasse Pohls flossen laut Abgeordnetenwatch Spenden von insgesamt 493 000 Euro an die CDU. Da die einzelnen Überweisungen stets unter 50 000 Euro lagen, mussten diese auch nicht sofort angezeigt werden. Im Extremfall tauchen die Spenden erst nach zwei Jahren im Rechenschaftsbericht der Partei auf. So geschehen am vergangenen Freitag, als mit der Veröffentlichung des CDU-Berichts klar wurde, wie viel der DVAG die politische Landschaftspflege wert war.

»Wir müssen ausschließen, dass politische Entscheidungen in Deutschland käuflich sind. Das schaffen wir nur durch mehr Transparenz und strenge Spendenregelungen«, betont Abgeordnetenwatch-Sprecher Martin Reyher und fordert, das Parteigesetz entsprechend zu reformieren. So müsse die derzeitige Grenze für eine zeitnahe Veröffentlichung von 50 000 auf 10 000 Euro gesenkt werden. Außerdem müssten Spenden von Unternehmen und Lobbyverbänden an Parteien generell verboten werden. »In einer Demokratie darf politischer Einfluss nicht vom Geld abhängen«, unterstrich Reyher und verwies auf eine von Abgeordnetenwatch gestartete Internetpetition, die darauf dränge, solche »Lobbyistenspenden« zu untersagen.

Zumal im Jahre 2013 nicht nur die Deutsche Vermögensverwaltung ihre Zuwendungen verschleierte. Auch der Verein der Bayerischen Chemischen Industrie stückelte seine 149 000 Euro an die CSU, ebenso wie die Privatpersonen Ann Kathrin Linsenhoff (110 000 Euro), Christoph Kahl (108 230 Euro) und Arend Oetker (104 000 Euro), die der CDU Geld zukommen ließen.

Nicht weniger fragwürdig waren viele der Spenden von Privatpersonen, Verbänden und aus der Wirtschaft oberhalb der 50 000-Euro-Grenze. Die Onlineausgabe der »Welt« veröffentlichte die Namen der großzügigsten Spender. Mit je 300 000 Euro zeigten sich Johanna und Stefan Quandt sowie Susanne Klatten besonders spendabel. Die »Welt« vermutet einen Zusammenhang zwischen dem Engagement der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung gegen strengere EU-Abgaswerte für Autos. Diese hätten vor allem Oberklasselimousinen Schwierigkeiten bereitet. Schwere Schlitten also, wie sie auch der bayerische Autohersteller BMW produziert, an dem die Familie Quandt, zu der auch Susanne Klatten gehört, fast die Hälfte aller Aktien hält. Die Spenden der drei gingen im Oktober 2013 nur an Union und FDP. Und das, obwohl die Liberalen gerade aus dem Parlament geflogen waren.

Insgesamt erhielten Deutschlands Parteien im Wahljahr 2013 rund 68 Millionen Euro an Spenden. CDU und CSU konnten sich laut Rechenschaftsbericht über 45 Millionen Euro freuen. Die SPD erhielt rund 15 Millionen, die Grünen kamen auf fünf Millionen und die LINKE auf 2,5 Millionen Euro. Zu den größten Spendern gehörten laut LobbyControl BMW und der Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie mit je mehreren Hunderttausend Euro.

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