Schwarze Listen

Hermlin und Honecker

Das Schriftstück, geschrieben im Mai 1972, war längst vergessen. Erst nach über zwanzig Jahren tauchte es, zufällig entdeckt unter alten Papieren, wieder auf, und Stephan Hermlin erwähnte die Seiten jetzt, kurz vor seinem achtzigsten Geburtstag, auch nur, weil man nach den schrillen Debatten über Christa Wolf oder Heiner Müller auch ihn in die Gilde der Staatskünstler befördert hatte, der privilegierten Diener einer Diktatur. Besonderer Beliebtheit erfreute sich die Behauptung, er sei Freund und Berater Erich Honeckers gewesen. Er lachte, als er es erzählte. Freilich: Das Lachen klang bitter. Er wusste ja, dass solche Lügen, die mit öffentlichem Widerspruch nicht zu rechnen hatten, auf fruchtbaren Boden fielen. Und, natürlich, welches Ziel sie verfolgten. »Der Hetze gegen die bekannten Autoren der DDR liegt der Wunsch zugrunde«, hatte er 1992 geschrieben, »diesen vergangenen Staat insgesamt als ein Nichts im Abgrund der Zeit verschwind...


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