Das faule Ei der Top-Berater

Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschef sagt im P+S-Ausschuss aus - Klage gegen KPMG?

  • Lesedauer: 3 Min.
Der Untersuchungsausschuss P+S-Werftenpleite in Mecklenburg-Vorpommern vernimmt nun Regierungschef Sellering. Der Verlust für das Land durch die Insolvenz beträgt bis zu 270 Millionen Euro.

Schwerin. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) wird am heutigen Montag im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Millionen-Pleite der P+S-Werften im Jahr 2012 als Zeuge befragt. Doch am Handeln seiner SPD/CDU-Regierung, das machte Sellering im Vorfeld gegenüber der dpa deutlich, gibt es aus seiner Sicht nichts auszusetzen: »Es war schon richtig, was wir gemacht haben.« Er wolle die Gelegenheit nutzen, zu schildern, wie es damals war und warum das Land in der Krise wie gehandelt hat. Die weltweite wirtschaftliche Krise, die 2009 begann, habe den Schiffbau besonders hart getroffen. Für das Land sei das eine wirtschaftliche Katastrophe gewesen.

Die entscheidende Frage, so Sellering, sei: »Wenn wir anders gehandelt hätten, hätten wir dann erreichen können, dass die Folgen dieser wirtschaftlichen Katastrophe geringer ausgefallen wären? Dass die Werften heute besser dastünden als sie dastehen? Meine Antwort ist: Nein. Wir haben mit hoher Verantwortung und gemeinsam mit dem Bund über die Hilfen entschieden. Es ist heute leicht zu sagen, man hätte eher Schluss machen müssen mit der Unterstützung - aber es ging um Tausende Menschen. Wenn P+S kurz nach Wadan in Insolvenz gegangen wäre, hätten das viele Zulieferer nicht überlebt. Und wir haben es immerhin geschafft, dass es auf den Werften weitergeht, auch wenn sie immer noch gefährdet sind.«

Die Tatsache, dass das Sanierungsgutachten der Beratungsgesellschaft KPMG von Anfang 2010, auf dem das ganze Engagement des Landes beruhte, fehlerhaft war, bezeichnete Sellering als »eine Überraschung«. KPMG sei eine »renommierte Gesellschaft und die Banken und unser Mandatar PwC haben ebenso wie der Bund und wir damals nichts gesehen, was beunruhigt hätte. Wir werden jetzt prüfen, ob wir eine Klage einreichen. Da steht allerdings die schwierige Frage: Ist uns durch die Fehler ein Schaden entstanden? Was wäre passiert, wenn P+S als nicht sanierungsfähig eingeschätzt worden wäre? Eine Insolvenz damals hätte für die öffentliche Hand ebenfalls weitreichende finanzielle Folgen gehabt.«

Ein Gutachten im Auftrag des Landes, das Fehler von KPMG belegt, wurde am vergangenen Donnerstag im Finanzausschuss des Schweriner Landtags vorgestellt. Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) hatte diese Erkenntnis bereits Ende März als Zeuge im Werften-Untersuchungsausschuss des Landtags öffentlich gemacht. Der Verlust für die Landeskasse durch die P+S-Insolvenz beträgt bis zu 270 Millionen Euro. Die oppositionelle LINKE die Landesregierung auf, von der verantwortlichen Wirtschaftsberatung KPMG Schadenersatz zu verlangen.

Die finanzpolitische Sprecherin der LINKE-Fraktion, Jeannine Rösler, erklärte: »Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie gegenüber KPMG Schadenersatz einfordert und jeden Euro und Cent, der möglich ist, zurückholt.« Darüber hinaus müssten die damaligen Entscheidungsträger zu ihrer politischen Verantwortung stehen. »Anstatt gebetsmühlenartig zu wiederholen, sie hätten alles richtig gemacht, müssen endlich Fehleinschätzungen und in der Folge fehlerhaftes Handeln eingeräumt werden.« Namentlich nannte Rösler Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschef Sellering.

P+S-Insolvenzverwalter Berthold Brinkmann schließt Schadenersatzforderungen oder gar eine Klage gegen die Wirtschaftsprüfer KPMG nicht aus. »Pflichtgemäß prüfe ich alle Konsequenzen, die sich aus dem Gutachten ergeben«, sagte Brinkmann. Entscheiden darüber werde er im Einvernehmen mit dem Gläubigerausschuss in dem durch den Verjährungsverzicht vorgegebenen Zeitraum. Diese Frist endet am 31. Dezember 2015. dpa/nd

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