- Politik
- 9/11 - Fünf Jahre danach
Böses Erwachen der Palästinenser
Nach erstem Jubel ist alles schlimmer geworden
Die Anschläge in den USA begrüßten viele Palästinenser als Sieg der muslimischen Welt. Doch in den Monaten darauf wurden die Menschen in GazaStreifen und Westjordanland noch mehr zu Verlierern.
Die Bilder gingen um die Welt: Während Israel in den Stunden nach den Anschlägen am 11. September 2001 regelrecht »dicht machte«, der palästinensische Präsident Yasser Arafat die Taten auf das Schärfste verurteilte, waren in Ost-Jerusalem, Ramallah, Hebron oder Nablus Hupkonzerte zu hören. Jugendliche jubelten, streckten die Hände zum V-Zeichen in die Kameras der Fotografen. »Wir waren uns siegessicher«, sagt der heute 23-jährige Waheed. »Ich habe damals geglaubt, dass wir jetzt mächtige Unterstützung im Kampf um unsere Freiheit bekommen, dass wir Araber die Israelis und US-Amerikaner besiegen werden. Es war ein Fehler - es ist alles nur schlimmer geworden.« Die Türme in New York waren noch nicht komplett zusammen gebrochen, als die israelische Armee die palästinensischen Gebiete komplett abriegelte, überall dort weitere Kontrollpunkte aufbaute, bis ihre Zahl bei über 200 angelangt war. Arbeitsgenehmigungen wurden zurückgezogen, die Einreise nach Israel für Palästinenser auf ein Minimum beschränkt. Wenige Monate später folgte dann die Entscheidung, das Westjordanland komplett mit einem Sperrwerk aus Mauern und Zäunen zu umgeben. Die zweite Intifada, die fast ein Jahr vor dem 11. September begonnen hatte, bewegte sich rasend schnell auf ihren Höhepunkt zu, und die Ereignisse in den USA hätten dabei eine Rolle gespielt, sagt Schaul Mofas, der damals israelischer Verteidigungsminister war: »Wir sahen uns plötzlich einer Bedrohung ausgesetzt, die alles in den Schatten stellte, was wir seit Oktober 2000 erlebt hatten. Wir mussten reagieren, bevor es der Feind tat, denn die Freudenfeiern haben wir ja alle mitbekommen.« In der israelischen Öffentlichkeit steht er mit dieser Haltung allerdings weitgehend alleine da. Dort habe sich die Meinung durchgesetzt, dass die harte Reaktion der israelischen Regierung auf den Beginn der zweiten Intifada und den 11. September in der ohnehin schon aufgeheizten Atmosphäre nach den Anschlägen nur für eine weitere Radikalisierung und eine unnötige Verlängerung der Gewalt gesorgt habe, sagt Amnon Rubinstein, Analyst bei der Zeitung Haaretz: »Beide Ereignisse sind untrennbar miteinander verbunden: Die Anschläge in den USA haben bei den Palästinensern Hoffnungen geweckt, die allerdings bald wieder abgeflaut waren. Man muss sich vor Augen halten, dass sich Menschen in Krisen an jeden Strohhalm klammern, auch wenn er noch so brüchig ist.« Durch die Politik der harten Hand »wurden die Frustrationen, die ja zum Ausbruch der neuen Intifada geführt hatten, nur noch verstärkt, was letzten Endes du...Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
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