Sprint der Schande

Elias Bierdel über einen Parcours in Straßburg und das Massensterben von Geflüchteten an den EU-Grenzen

  • Elias Bierdel
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.

100 Meter lang, die klassische Sprintdistanz, war der Parcours, den die Abgeordneten in der vergangenen Woche im Straßburger EU-Parlament zurücklegen konnten. Die Bahn bestand aus Papier, das vor dem Eingang zum Plenarsaal ausgerollt am Boden lag. Die ParlamentarierInnen, die hier morgens zur Arbeit erschienen, wurden aufgefordert, über diesen filigranen, weißen Teppich zu gehen. Viele weigerten sich, als sie die Aufschrift des ungewohnten Bodenbelags sahen: eine einzige, schier endlose Liste mit den Namen von 17 306 Menschen, die zwischen 1990 und 2012 vor den Mauern der Festung Europa ihr Leben verloren. Weitere 6000 Tote waren durch stilisierte Handabdrücke symbolisiert. Und das sind nur die Opfer, von denen wir wissen. Ihre wahre Zahl wird noch um ein Vielfaches höher sein.

100 Meter können sehr lang sein, vor allem dann, wenn sie derart unvermittelt und bildstark die Erinnerung an jene zahllosen Opfer der EU-Schandmauern ...


Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.