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»Plan B« für Europa

Vertreter der Zivilgesellschaft: Bürger sollen in erneuerter Union im Mittelpunkt stehen

  • Horst Grützke
  • Lesedauer: 3 Min.
Im März legten fünf europäische Bürger den »Plan B - Changer la gouvernance européenne« vor. Inzwischen ist dieser Text als Paperback im Verlag Edition Labor erschienen.
In dem Papier wird, ausgehend von der »Haltung der Bürger zur Europäischen Union«, ein »Fahrplan für den Ausweg aus der Krise« und zur »Erneuerung und Regierungsfähigkeit« aufgestellt. Die Autoren, die im Ständigen Forum der Zivilgesellschaft zusammenarbeiten, meldeten sich zu einer Zeit zu Wort, in der sich die Staats- und Regierungschefs der EU nach dem Nein der Franzosen und der Niederländer zum europäischen Verfassungsvertrag eine »Reflexionspause« verordnet hatten.
Viele Bürger sehen die Entscheidungsträger - die Instanzen der EU - als Quelle der heutigen Probleme an. Von einer »Beschützerin« ist die Union zu einer »Gefahr« geworden. Um Europa aus der augenblicklichen Krise herauszuführen, schlagen die fünf Anhänger der europäischen Idee ein Konzept vor, das sich nicht nur mit dem vorliegenden Verfassungsvertrag, sondern auch mit anderen Initiativen beschäftigt, die das Projekt des überarbeiteten Vertrages in einen neuen und breiteren Kontext stellen. So habe das Nein zu einem Schock in der politischen Welt, aber auch in den Gewerkschaftsorganisationen und den aktiven Nichtregierungsorganisationen geführt. Darum soll in zwei Etappen die Regierungsfähigkeit (Governance) erneuert werden. Den Gewerkschaften, den Unternehmen und der Zivilgesellschaft wird empfohlen, sich zu »Generalständen des Europas der Netzwerke« zu vereinen. Beratungsthemen sollen Fragen der Globalisierung und jene Aufgaben sein, die die Bürger gemeinsam verwirklichen wollen. Dann erst sollen ein III. Konvent und eine Regierungskonferenz das »Dossier Verfassung« wieder in die Hand nehmen. Der »neue Kontext« sieht auch eine »Feierliche Erklärung der gegenseitigen Abhängigkeit der europäischen Bürger« vor. Zudem dürfe der III. Konvent nicht nur den Verfassungsvertrag zum alleinigen Inhalt haben, sondern auch die Formulierung eines Gesellschaftsvertrages, der sich auf eine Ethik der Verantwortung und auf neue Messkriterien für den Fortschritt stützt.
Paradoxerweise geht den Autoren der derzeitige Erweiterungsprozess der EU nicht schnell genug, um auf die anstehenden Probleme, besonders auf dem Gebiet der Energiesicherheit und der Demokratie, Antwort zu geben zu können. Es sei an der Zeit, eine »Allianz der drei Meere« (Mittelmeer, Schwarzes Meer, Kaspisches Meer) zu schaffen, in der die EU einen Platz einnimmt.
Man kann den Autoren nur zustimmen, wenn sie eine »authentische Verfassung« so schnell wie möglich fordern. Geeignete Vorschläge werden vorgelegt, um die Verfassung auf den Weg zu bringen. Sie sehen z. B. eine paneuropäische Beratung über einen entsprechenden Text, die Bestimmung des Kommissionspräsidenten durch eine allgemeine und direkte Wahl, die Neugestaltung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vor.

J.-Cl. Boual, Ph.D. Grosjean, J.-R. Rabier, D. Spoel, R. Van Ermen: Plan B - Changer la Gouvernance. (franz./engl.) Edition Labor, Loverval, Belgien. Deutsche Version auf der Webseite »Tribüne der europäischen Zivilgesellschaft«
http://europa-jetzt.org/forumd/
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