Dieses Elend, etwas verstehen zu wollen

Heiner Müller über das Theater: eine Biografie widerborstigen Denkens

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: ca. 5.5 Min.

Lustvoll unsystematische Texte von Heiner Müller – das Buch »Theater ist kontrollierter Wahnsinn« bietet davon eine Sammlung, die Ein- und Ansichten des Dramatikers aus der Zeit von 1951 bis 1995 umfasst.

Bühnenbildzauberer Horst Sagert ist aufgeregt, ganz aufgeregt. Er sieht Anfang der achtziger Jahre Heiner Müllers »Macbeth« an der Volksbühne. Er versteht nicht, was mit der Aufführung gemeint ist. Nichts versteht er. Es ist Pause, er könnte eigentlich kopfschüttelnd gehen. Aber er entscheidet anders, er beschließt, nach der Pause nichts mehr verstehen zu wollen. Er hört und schaut, er will nicht Erkenntnis, sondern Erfahrung – und versteht plötzlich. So hat es Sagert dem Herausgeber dieses Buches, Detlev Schneider, erzählt. Und der fügt dem, in seinem Vorwort, noch ein weiteres Beispiel für solcherart Annäherung an Kunst an: 1997 inszenierte Einar Schleef in Düsseldorf »Salome« von Oscar Wilde. Der Vorhang öffnet sich, für etwa zehn Minuten eines Tableaus »von erlesener Schönheit, das die Darsteller in ihren preziösen Kostümen mit äußerstem Raffinement in die nachtblaue Tiefe der Bühne komponierte.« Nichts weiter geschieht. Ein Stilll...


Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.