Gysi bleibt beim »vielleicht«

Fraktionschef wirbt für mehr Regierungsorientierung der LINKEN

  • Lesedauer: 2 Min.
Knapp eine Woche vor dem Bundesparteitag der LINKEN lässt Linksfraktionschef Gregor Gysi seine politische Zukunft weiter offen.

Berlin. Tritt Gregor Gysi bei der anstehenden Wahl zur Fraktionsspitze im Herbst noch einmal an? Darüber hatte es zuletzt Spekulationen gegeben. Gegenüber dem »Tagesspiegel« sagte der Linksfraktionschef nun, er werde beim bevorstehenden Parteitag in Bielefeld »vielleicht einen Satz dazu sagen, dass die Überlegungen um meinen Rückzug unbegründet waren«. Gegenüber der »Tageszeitung« sagte er auf die Frage, ob er kommenden Sonntag verkündet, wie es weitergeht: »Kann sein. Vielleicht sage ich dort, dass ich nicht mehr kandidiere. Vielleicht aber auch erst auf dem nächsten Parteitag. Oder auf dem übernächsten.«

Derweil bot der Linksfraktionschef dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel Gespräche über die Bildung einer rot-rot-grünen Regierung schon vor Ablauf der laufenden Wahlperiode an. Auf die Frage des »Tagesspiegel«, ob seine Partei bei einem Bruch der Großen Koalition zu Verhandlungen mit den Sozialdemokraten bereit sei, sagte er: »Selbstverständlich, mit inhaltlichen Forderungen.« Und weiter: »Die SPD könnte morgen den Kanzler stellen, wenn sie nur wollte. Wir können auch gerne Neuwahlen machen. Aber zu alledem fehlt der SPD offenbar der Mumm.« Ähnlich hatte sich Gysi bereits gegenüber »neues deutschland« geäußert.

Der SPD-Politiker Johannes Kahrs wies Gysis Offerte schroff zurück: »Weder SPD noch Grüne wollen und können mit diesem Trümmerhaufen von linker Bundestagsfraktion zusammenarbeiten«, sagte er auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Für das Zustandekommen eines rot-rot-grünen Bündnisses kann sich Gysi auch Kompromisse in der Außenpolitik vorstellen. Er unterstrich dabei, dass »vor allem Kriegseinsätze wie in Jugoslawien, Afghanistan, Irak und Libyen« mit der Linkspartei »nie in Frage« kämen. »Aber ich glaube, die will auch die SPD nicht mehr. Bei Rüstungsexporten könnte es schwierig werden. Aber wenn wir es schafften, dass in Spannungsgebiete und an Länder wie Saudi-Arabien und Katar keine Waffen und Panzer mehr geliefert würden, wäre das schon ein gewaltiger Fortschritt«, so Gysi. Die LINKE müsse »natürlich auch begreifen, dass wir eine Zehn-Prozent-Partei sind und nicht eine 50-Prozent-Partei«. Zu anderen außenpolitischen Themen sagte er, »im Augenblick gäbe es mit den Grünen sicherlich Debatten wegen des Verhältnisses zur Ukraine und zu Russland. Aber mit der SPD käme man bei diesem Thema eher hin.«

Der Linkenpolitiker forderte seine Partei dazu auf, »positiver« zu »werden, was die Regierungsmitverantwortung angeht. Wenn, dann soll sie an den anderen scheitern und nicht an uns. Das heißt nicht, dass man sich anbiedern muss. Man muss aber ausstrahlen, dass man die Gesellschaft ändern will.« nd Kommentar Seite 4

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal