Eine EM durch die Hintertür

Die Judoka tragen bei den Europaspielen in Baku die Glasgow entzogenen Europameisterschaften aus

  • Christoph Leuchtenberg, Baku
  • Lesedauer: 2 Min.
Für die Judoka geht es bei den Europaspielen auch um EM-Titel. Das starke deutsche Team hat im judoverrückten Aserbaidschan gute Medaillenchancen - auch wenn die Titelkämpfe zur Unzeit kommen.

Viertklassige Leichtathletik, Nachwuchswettbewerbe im Schwimmen: Über die (mangelnde) sportliche Bedeutung olympischer Kernsportarten bei der Europaspielpremiere ist hinreichend diskutiert worden. Außerhalb jeder Diskussion steht aber Judo: Dort geht es in Baku nicht nur um Medaillen und Punkte für die Olympiaqualifikation, sondern auch um EM-Titel. Das starke deutsche Team um Miryam Roper und Dimitri Peters will dabei ganz vorne mitmischen. »Auch wenn der Termin acht Wochen vor der WM sehr ungünstig ist und es gegen große Konkurrenz schwer wird - wir wollen Zeichen setzen«, sagte Peter Frese, Präsident des Deutschen Judobunds, vor den Titelkämpfen ab diesem Donnerstag.

Nur zwei Monate vor den Weltmeisterschaften in Astana sind die Wettkämpfe am Schwarzen Meer ein Gradmesser, den es eigentlich schon im April hätte geben sollen. Da die EM-Organisatoren in Glasgow aber unbedingt Bandenwerbung für die Kampfsportart Ultimate Fighting zulassen und damit gegen die Regeln des europäischen Judo-Verbandes EJU verstoßen wollten, entzog dieser den Briten die Titelkämpfe - Baku griff auf der Suche nach sportlicher Relevanz beherzt zu.

Dass es damit auch für die Judoka in ein Land geht, in dem es mit Menschenrechten nicht so genau genommen wird, ist Frese zwar bewusst: »Aber wir haben da nur sehr wenig Mitspracherecht. Die Athleten müssen und können das ausblenden.« Darin haben Mattensportler Übung, spielen doch die klassischen Kampfsportarten Ringen und Judo in den Ländern im Kaukasus und in Zentralasien eine überragende Rolle. Auf die Judoka wartet 2015 gar der doppelte Autokratentrip: Nach der EM im Lande von Staatschef Ilham Alijew geht es zur WM ins vom nicht besser beleumundeten Nursultan Nasarbajew regierte Kasachstan. »Der DJB kann eine EM finanziell nicht stemmen«, sagte Frese: »Wenn sie finanzierbar ist, kommt eine solche Meisterschaft auch wieder in ein demokratisches Land.«

Sportlich sind die Aussichten für die deutschen Judoka nach starken Leistungen im bisherigen Saisonverlauf rosig. Die frühere Weltranglistenerste Roper (Leverkusen), die bei der EM 2014 in Montpellier mit Silber eine von acht deutschen Medaillen holte, will sich vor ihrem 33. Geburtstag am Sonntag mit ihrem ersten internationalen Titel beschenken. Die weiteren Hoffnungen ruhen auf der früheren Vizeweltmeisterin Laura Vargas Koch, Jasmin Külbs, Karl-Richard Frey und dem Olympiadritten Peters. SID/nd

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