Baku kann vielleicht noch mehr

Gastgeber denken nach viel Lob für die Europaspiele an Olympia. Die Deutschen denken an Rio und ziehen eine positive sportliche Bilanz

  • Florian Lütticke, Baku
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Volleyballer vergoldeten das Abschlusswochenende der Europaspiele. Auch insgesamt war der deutsche Sport mit dem Auftritt in Baku sehr zufrieden. Für den umstrittenen Gastgeber gab es viel Lob.

Die Volleyballasse und Judo-Frauen haben den starken deutschen Europaspiele-Auftritt mit einem furiosen Abschluss veredelt. Kurz vor der Schlusszeremonie im Olympiastadion von Baku feierten die Volleyballer am Sonntag beim hart erkämpften 3:1-Finalsieg über Bulgarien den wichtigsten Titel nach der Wiedervereinigung. Auf der Matte rundete das Team um Fahnenträgerin Martyna Trajdos mit Silber das medaillenreichste EM-Einzelergebnis der Judoka seit 1992 ab. «Wir sind insgesamt mit der sportlichen Bilanz unserer Europaspiele-Mannschaft sehr zufrieden», lobte Chef de Mission Dirk Schimmelpfennig am letzten Wettkampftag.

Mit 16 Goldmedaillen und insgesamt 66 Podestplätzen belegte die deutsche Mannschaft Platz vier im Nationenranking, dass Russland mit 79 Siegen souverän vor Gastgeber Aserbaidshan (21) und Großbritannien (18) souverän anführt. «Wir müssen unsere Arbeit im Leistungssport intensivieren und noch zielgerichteter betreiben, um die Farbe der Medaillen in diesem Trend ins Positive zu verändern», forderte Schimmelpfennig auf dem Weg zu Olympia 2016.

Neben den mit jeweils drei Europaspiele-Titeln überragenden Kanuten und Schützen dürfen auch die Volleyballmänner mit reichlich Selbstvertrauen in die entscheidende Qualifikationsphase für Rio starten. Nach WM-Bronze glückte der Auswahl von Bundestrainer Vital Heynen schon der zweite Coup binnen neun Monaten. «Es ist schön, dass wir in den Geschichtsbüchern stehen werden», sagte Kapitän Jochen Schöps über den Gewinn des Premierengolds bei Europaspielen. Die ersten zwei Sätze sicherte sich sein Team souverän, geriet zwar beim 29:31 im dritten Durchgang kurz ins Straucheln, behielt mit 25:21 zum Ende aber die Nerven. Christian Fromm sorgte mit einem krachenden Schlag beim Matchball für unbändigen Jubel.

Lange mussten auch die deutschen Judoka auf einen solchen Erfolg wie in der Heydar-Aliyev-Arena warten, wo gleichzeitig auch die Europameisterschaften ausgetragen wurde. Neun Einzelmedaillen gab es zuletzt vor 23 Jahren. Am Sonntag kam noch ein zehntes Edelmetall hinzu. Das Frauenteam kämpfte sich ins Finale, unterlag dort aber Frankreich 1:4. «Das ist ein ganz, ganz großartiges Ergebnis», resümierte Verbandsdirektor Mark Borchert. «Nach Rio ist es noch ein harter Weg, aber so ein Ergebnis gibt richtig viel Rückenwind.»

Insgesamt habe man gut 400 Tage vor der Olympia-Eröffnungsfeier in diversen Sportarten derzeit 35 Quotenplätze, rechnete Thomas Sinsel, Ressortleiter für olympische Sommersportarten im DOSB, vor. «Ab Montag geht es auf Rio zu. Es sieht nicht schlecht aus.» Am letzten Wochenende sorgte die zweite Badmintongarde mit dreimal Bronze für ein überraschendes Ergebnis. Die deutschen Junioren-Schwimmer machten mit ihrem dritten Gold durch die 16-jährige Maxine Wolters schon Hoffnung für Olympia 2020.

Ambitionen auf baldige Sommerspiele hegt auch der in der Öffentlichkeit umstrittene Europaspiele-Gastgeber. Angespornt von dem europaweiten Lob aus dem Sport soll auf die Europaspiele in Zukunft ein noch gigantischeres Projekt folgen. «Das Niveau der Ambitionen hängt nicht mit der Größe eines Landes zusammen», sagte Ali Hasanov von der Präsidialverwaltung der autoritär geführten Regierung auf die Frage nach einer möglichen Olympiabewerbung. «Ich denke, dass wir in der Lage sind, Events auf dem höchsten Level zu veranstalten.»

Zwar hat Aserbaidshan, dessen Regierung wegen Verstößen gegen Menschenrechte und Pressefreiheit in der Kritik steht, noch nicht über eine Olympiakandidatur für 2024 als Konkurrent von Hamburg entschieden. «Sie sind sehr gut in der Lage, Olympische Spiele zu veranstalten», assistierte aber bereits Patrick Hickey, Präsident des Europäischen Olympischen Komitees. Auch der Deutsche Olympische Sportbund zeigte sich mit den Bedingungen «sehr zufrieden», so Vorstandschef Michael Vesper: «Das ist eine gelungene Premiere.»

Für die nächste Auflage 2019 wird immer noch ein Gastgeber gesucht. Ob dann auch die Topsportler im Schwimmen und in der Leichtathletik dabei sind, ist offen. Das hinderte den Veranstalter aber nicht daran, entgegen vorheriger Ansagen noch weiter in die Zukunft zu blicken. «Es wird eine sehr gute zweite Auflage», sagte EOC-Chef Hickey.« »Und es wird eine sehr gute dritte Auflage geben.« dpa/nd

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