Rückkehr zur Null-Toleranz

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Schwemme neuer synthetischer Billig-Drogen hat Brandenburg erreicht. Nach Jahren der relativen Duldung zieht die Politik die Zügel wieder an, gibt es erneut Null-Toleranz-Zonen.

Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) hatte in der vergangenen Woche im Landtag erklärt, er wolle »durch verschärfte Kontrollen dafür Sorge tragen«, dass die Drogenkriminalität zurückgedrängt wird. Zuvor hatte der Abgeordnete Andreas Bernig (LINKE) angefragt, auf welcher Grundlage offenbar an »ausgewählten Orten« die Kontrollen intensiviert werden. Er habe erfahren, dass die Polizei in einzelnen Grünanlagen in Frankfurt (Oder) seit einiger Zeit nach einer Null-Toleranz-Grenze verfahre und selbst kleinste Mengen Canabis zur Anzeige bringe.

Der Minister bestätigte dies. Dort seien nicht nur Fälle von Drogenkonsum, sondern auch von Drogenhandel festgestellt worden. »Es gab auch Übergriffe gegenüber Frauen und Mädchen und andere Delikte«, betonte er.

Bernig verwies auf das Beispiel Berlins, wo der Senat im laufenden Jahr die Richtlinie zur Anwendung des Betäubungsmittelgesetzes geändert habe. »Damit wurde die Voraussetzung dafür geschaffen, dass der Polizeipräsident und die Generalstaatsanwaltschaft ausgewählte Räume zeitweilig zu drogenfreien Räumen, sogenannten Null-Toleranz-Zonen, erklären können.«

In Brandenburg und Sachsen dringt die Droge Crystal Meth inzwischen verstärkt auch in ländliche Gebiete vor. Angesichts des Ausmaßes schlagen Zollfahnder Alarm. Sie fordern mehr Personal und internationale Kooperation.

Mit einem Runden Tisch wollte die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft (BDZ) am Dienstag in Weißwasser ein Zeichen setzen. Sie hatte diesen Ort im Dreiländereck zwischen Deutschland, Polen und Tschechien ausgewählt, wo der Vormarsch der Droge seinen Ausgangspunkt hat. Seit 2006 hat sich laut BDZ die Zahl der Crystal-Funde versiebenfacht. Die im September 2013 eingesetzte Sonderkommission des Zollfahndungsamts Dresden hat bislang 17 Kilogramm der Droge sichergestellt, 303 Ermittlungsverfahren gegen Schmuggler eingeleitet und 178 Haftbefehle erwirkt. Experten schätzen aber, dass von den jährlich rund zehn Tonnen der illegal in tschechischen Giftküchen produzierten Droge die Hälfte für den deutschen Markt bestimmt ist. Die Bestandteile kommen zumeist aus Polen, wo sie in Apotheken teilweise legal und in großen Mengen erhältlich sind.

In Brandenburg ist die Rauschgiftkriminalität von 2013 bis 2014 um fast 40 Prozent auf mehr als 7200 Fälle gestiegen. In Grenznähe verdoppelte sich die Zahl der Fälle auf fast 800. Platzverbote wurden hier auch in der Vergangenheit schon ausgesprochen - allerdings wegen Alkoholmissbrauchs. Das Gesetz gibt ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen her - genutzt wird es laut Städte- und Gemeindebund von 32 Kommunen. Doch die lassen großzügige Ausnahmen nicht nur zur Weihnachts- oder Karnevalszeit zu. Die Stadt Werder/Havel zum Beispiel verbietet seit 2008 das Trinken von Alkohol auf öffentlichen Straßen - jedes Frühjahr zum Baumblütenfest, wenn der Obstwein in Strömen fließt, wird dieses Verbot aufgehoben.

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