- Brandenburg
- Brandenburg
Die »Akropolis« von Rüdersdorf
50 Jahre Kulturhaus »Martin Andersen Nexö« / Jubiläumsfest am 12. Oktober
Der Oktober kam in Rüdersdorf wie jedes Jahr mit den üblichen Winden. Der Kalkstaub verteilte sich, einer Dunstglocke gleich, auf alles, was in seinem Einzugsbereich lag. Auf dem Hasenberg war der kalkhaltige Staubniederschlag geringer und genau hier wurde ab 1954 ein Kulturhaus erbaut, das am 12. Oktober 1956 mit einer Festveranstaltung eröffnete.
Diesem Ereignis ging ein Besuch des DDR-Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht am 6. September 1953 voraus. Dabei hatte Ulbricht den Zementwerkern versprochen, dass sie bald ein eigenes Kulturhaus erhalten. Der Architekt Emil Leibold fertigte Entwürfe an. Das Modell des künftigen Rüdersdorfer Kulturhauses wurde dann in allen Abteilungen des Zementwerkes ausgestellt und Werktätige sagten ihre Meinung dazu.
Ab Frühjahr 1954 musste Baufreiheit geschaffen werden, denn der zu dieser Zeit unbebaute Hasenberg war mit einem undurchdringlichen Dornengebüsch bewachsen. Es erfolgte der Aushub des Fundamentes und am 15. Juli 1954 die Grundsteinlegung. Viele Rüdersdorfer - unter ihnen auch der damalige Werksdirektor Ernst Reißmann - beteiligten sich an freiwilligen Arbeitseinsätzen. Allein 350 000 Ziegelsteine wurden in das Fundament verbaut.
27 Monate später öffnete der repräsentative Kulturpalast, der den offiziellen Namen »Martin Andersen Nexö« und den Spitznamen »Akropolis« erhielt. Als »Kulturhaus neuen Typs« sollte es die Bedeutung der sozialistischen Kulturrevolution demonstrativ zum Ausdruck bringen. Der tempelartige Eindruck wird dabei durch die in weißem Kunststein ausgeführten Fassadendetails, die eine Verwendung von Marmor suggerieren, verstärkt. So ist das Rüdersdorfer Kulturhaus mit seinen Pilastern, Kapitellen und Friesen ein »gebautes Denkmal«, dessen historische und baukünstlerische Bedeutung für die DDR-Architektur der 50er Jahre ebenso unumstritten ist, wie seine städtebaulich dominante Wirkung. Zudem war es mit einer Gesamtnutzungsfläche von 2500 Quadratmetern eines der größten Kulturhäuser der DDR.
Die noch heute der ursprünglichen Funktion dienenden Innenräume haben ihre originale Ausstattung weitgehend bewahrt. Das Gebäude umfasst in der ersten Etage eine Eingangshalle, ein Vestibül und den Hauptsaal mit 550 Plätzen. Der Hauptsaal verfügt über eine Theaterbühne und ein Orchesterpodium. In den weiteren zwei Etagen befinden sich die Gemeindebibliothek, Versammlungs- und Zirkelräume sowie der kleine Saal mit 100 Plätzen.
Kurt Groll leitete das Kulturhaus von 1956 bis 1959 für ein monatliches Bruttogehalt von 600 Mark. 1963 erinnerte sich Groll an die Eröffnung: »Es war ein feierlicher, historischer Augenblick, als das Werkorchester "Weihe des Hauses" von Beethoven spielte. Ein prominenter Schriftsteller hielt übrigens die Festrede: Willi Bredel. Unter den Ehrengästen weilte auch die Witwe des Schriftstellers Martin Andersen Nexö, dessen Namen unser Kulturhaus trägt.«
Der erste Film, der im Haus lief, war Thorndikes »Du und mancher Kamerad« und das Kleist-Theater Frankfurt (Oder) gastierte mit »Gasparone« von Millöcker. Der Wunsch Willi Bredels, das Kulturhaus möge ein echtes Volkshaus werden, ging in Erfüllung. 70 000 bis 80 000 Besucher zählte die Einrichtung jährlich bis 1989.
Mit der Übernahme aller Immobilien der VEB Zementwerke Rüdersdorf durch die Readymix Zement GmbH erhielt auch das Kulturhaus diesen neuen Eigentümer. Gewinn war aber mit dem Kulturtempel nicht zu machen, so dass am 20. September 1994 das Haus als »Schenkung« ins Eigentum der Gemeinde überging. Bis auf 10 000 reduzierte sich die Gästezahl zu Beginn der 90er Jahre. Doch die engagierte Kulturhausleiterin Marina Krüger und andere brachten wieder Leben in das inzwischen sanierungsbedürftige Gebäude.
Im Spannungsfeld der Marktwirtschaft hängt das Haus allerdings seit 16 Jahren am finanziellen Tropf und nur Dank des Fördervereins und vieler Sponsoren konnte im großen Saal pünktlich zum 50. Jubiläum neues Parkett gelegt werden. Dem Oktober-Geburtstagsprogramm steht nichts mehr im Wege.
Am 12. Oktober findet die Festveranstaltung »50 Jahre Kulturhaus Martin Andersen Nexö« statt. Die Gäste des 1. Rüdersdorfer Opernballes werden am 14. Oktober um 19 Uhr über das Parkett tanzen. Am 21. Oktober lädt das Filmteam um 18 Uhr zum »Filmabend wie in alten Zeiten«. Nach dem »Augenzeugen« wird »Pelle der Eroberer«, der preisgekrönte Film nach Nexös Buch gezeigt. Am letzten Oktoberwochenende gibt es einen Tag der offenen Tür mit Führungen durch das Haus, mit einer vom Heimatverein gestalteten Ausstellung über die 50 Jahre und mit...
Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.