Sanders überholt Clinton

Linke Präsidentschaftskandidat liegt laut Umfragen in zwei US-Bundesstaaten vor der schwächelnden Favoritin

  • John Dyer
  • Lesedauer: 4 Min.
Lange sah Hillary Clinton wie die gesetzte Kandidatin der Demokraten für die Präsidentschaftswahl 2016 aus. Doch der Sozialist Sanders macht Druck von links und holt auf. Außerdem macht der Ex-Außenministerin ein Skandal um Emails zu schaffen.

Boston. Hillary Clinton wird von Fehlverhalten in ihrer Amtszeit als Außenministerin der USA eingeholt. Zwar liegt sie in landesweiten Umfragen unter Wählern der Demokratischen Partei weiter vorn. Doch der Skandal um Dienst-Emails – darunter auch als geheim eingestufte – auf ihrem privaten Computer kann sie im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur 2016 zurückwerfen.

Beamte der amerikanischen Geheimdienste haben am Montag weitere vertrauliche 305 Mails auf dem privaten Email-Konto von Hillary Clinton entdeckt. Sie auf privatem Computer zu speichern, verstößt gegen die Bundesgesetze.

Biden und Gore überlegen schon

Noch immer liegt sie im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten vorn. Aber sie verliert an Vorsprung vor dem selbsternannten Sozialisten Bernie Sanders. Der Senator aus Vermont holt auf, zuletzt bei lokalen Umfragen in Iowa, das als einer der Schlüsselstaaten für den Sieg bei den parteiinternen Vorwahlen gilt. Und immer wieder berichten Medien, dass der amtierende Vizepräsident Joe Biden und sogar der frühere Vizepräsident Al Gore in das Rennen einsteigen könnten. Sie scheinen sich angesichts der erkennbaren Schwäche der Wahlkämpferin Clinton jetzt Chancen auszurechnen.

Es fließt weniger Geld

Und auch beim Spendensammeln liegt ein Schatten auf den bisher so glänzen Ergebnissen. Das ist wichtig, denn Wahlkampf ist den USA sehr teuer. Zu Beginn des Jahres lag Clinton weit vorn. Clinton hat bisher nach den offiziellen Zahlen 47,5 Millionen Dollar (43 Millionen Euro / 46,5 Millionen Franken) an Spenden eingenommen. Damit liegt sie zwar weit vor allen demokratischen Kontrahenten, aber deutlich hinter dem Republikaner Jeb Bush. Der Ex-Gouverneur von Florida hat 108,5 Millionen Dollar an Spenden auf sein Wahlkampfkonto bekommen.

Zweifel an Clinton wachsen

Langfristig kann die Email-Affäre Clinton mehr schaden als die heftigen Attacken ihrer Gegner. Immer mehr Menschen fragten sich »Worum geht es eigentlich«, sagte der Politikanalyst Mark Halperin von Bloomberg. Die Affäre sei der Grund, warum Männer wie Biden und Gore an Clinton zu zweifeln begännen: »Sind wir auf dem Weg, jemand zu nominieren, der da ein großes Problem hat?«

Das Problem begann im März. Damals enthüllten Medienberichte, dass Clinton nicht den Dienstserver für ihre Emails als Außenministerin benutzte, sondern ihren privaten Computer. Clinton weigerte sich zunächst, der Regierung ihre dort gespeicherten Emails auszuhändigen. Sie seien privat, argumentierte sie. Aber ein Bundesrichter ordnete die Herausgabe an. Seither wird der gesamte Email-Verkehr aus den Jahren ihrer Amtszeit durchleuchtet. Und es werden geheime und vertrauliche Mails gefunden. Das FBI und auch der US-Kongress mit seiner republikanischen Mehrheit ermitteln.

Sanders hat die Nase in Iowa vorn

Clintons Wahlkampfsprecher Mich Merrill erklärte nur, die Kandidatin hoffe, dass der Fall bald erledigt sei. Das aber scheint kaum der Fall zu sein. Die Mails dominieren alle Pressekonferenzen, die sie derzeit gibt. Meist versucht Clinton dabei, das Thema zu ignorieren.

Und sie taucht auch im Vorwahlkampf ab. So sagte sie eine Rede in Des Moines in Iowa am Samstag ab. Gegner Sanders nutzte die Gelegenheit, um in seiner Rede am gleichen Ort auf die herrschende Klasse und die reichen Familien einzudreschen, die in der Krise noch reicher wurden, während die Mittelklasse verarmte.

In einer lokalen Umfrage in Iowa zog Sanders danach mit 49 Prozent Zustimmung an Clinton (45 Prozent) vorbei. Nach den Gründen befragt, gaben die Anhänger von Clintons Demokratischer Partei an, die Kandidatin sei zu glatt, weigere sich, die Email-Affäre wirklich aufzuklären und lasse offen, ob sie die Aussagen von Sanders über die Reichen und die Verarmten teile. Ähnlich sieht es auch im US-Bundesstaat New Hampshire aus. Hier liegt Sanders mit 44 Prozent deutlich vor Clinton, die auf 37 Prozent kommt.

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