Klarheit über den Fall Klipp

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 2 Min.
Vergrößerte der Potsdamer Baubeigeordnete Matthias Klipp sein Privathaus ganz bewusst zu Lasten einer öffentlichen Verkehrsfläche? Der Oberbürgermeister hat ihn jetzt beurlaubt.

Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hat am Montag den Potsdamer Baubeigeordneten Matthias Klipp (Grüne) beurlaubt. Gründe dafür seien Unklarheiten beim Umgang des Beigeordneten mit dem Bau seines Privathauses und seine Informationspolitik, nachdem Vorwürfe erhoben worden sind, teilte die Stadtverwaltung mit. Der Beigeordnete habe die Vorwürfe im Gespräch mit dem Oberbürgermeister nicht ausräumen können. »Als Folge daraus sieht der Oberbürgermeister das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und Herrn Klipp irreparabel gestört«, hieß es.

Der Oberbürgermeister werde ein Disziplinarverfahren gegen Klipp einleiten und in der Stadtverordnetenversammlung einen Abwahlantrag stellen. Beim Zusammentragen aller Details habe sich herausgestellt, dass Klipp mehrmals nicht wahrheitsgemäß informiert habe.

Nachdem bekannt wurde, dass die Staatsanwaltschaft wegen vermuteter Falschaussage gegen Klipp ermittelte, wollte Linksfraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg den Fall in der Hauptausschusssitzung am Mittwoch zum Thema machen.

Klipp wurde vorgeworfen, er habe sein Privathaus überdimensioniert gebaut und sich das durch seine Behörde absegnen lassen. In der Sache hatte er auf einen Irrtum verwiesen und wurde insofern entlastet, als die Vergrößerung im Toleranzbereich gelegen habe, wie es hieß. Nun aber besteht Verdacht, dass Klipp bewusst einkalkulierte, dass ein Teil der Fläche für sein Privathaus als öffentliche Verkehrsfläche ausgewiesen war. Und möglicherweise war die Eigenheimvergrößerung größer als zunächst eingeräumt.

Ausführlich hatten darüber die »Potsdamer Neuesten Nachrichten« (PNN) berichtet. Klipp hatte nun vor einigen Tagen nichts Besseres zu tun, als daraufhin den stellvertretenden Chefredakteur Alexander Fröhlich per E-Mail zu fragen: »Stimmen Informationen, wonach Sie beim Wachregiment ›Felix Dzierzynski‹ waren? Wenn ja, haben Sie eine Verpflichtungserklärung beim MfS unterschrieben? Gab es bei der PNN eine Stasi-Überprüfung? Wenn ja, haben Sie dabei korrekte Angaben gemacht?«

Fröhlich hat für Fragen der Stasi-Vergangenheit selbst oft forsch Interesse gezeigt. Er kann aber für sich reklamieren, zur Wende 14 Jahre alt gewesen zu sein, wie Chefredakteurin Sabine Schicketanz öffentlich machte. Aber selbst wenn Fröhlich im Wachregiment gedient hätte? Würde er deswegen nicht kritisch über Matthias Klipp und die von der Klippschen Behörde genehmigte Ausweitung des Klippschen Eigenheims schreiben dürfen? Dieser Vorgang legt einmal mehr nahe, dass es bei der Stasi-Aufarbeitung weniger um die Vergangenheit als um ganz gegenwärtige Interessen geht.

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