Angst um 500 Nordic-Jobs

Auftragsflaute in Mecklenburg-Vorpommerns Werften - Kreuzfahrtschiffe als Perspektive?

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.
Nur noch für zehn Monate haben die Beschäftigten der drei Nordic-Yards-Werften in Mecklenburg-Vorpommern sichere Arbeit. Bis zu 500 der 1300 Arbeitsplätze seien durch die Auftragsflaute bedroht, heißt es.

Noch bauen die Nordic-Werker eine Konverter-Plattform. Eines Tages wird sie in die Nordsee gebracht, trägt künftig ein System, das Energieverluste beim Stromtransport von Offshore-Windparks zum Festland vermindert. Womit wird das Nordic-Team dann beschäftigt sein? Mit einem Kreuzfahrtschiff vielleicht? Womöglich nicht mehr zusammen mit Kollegen, die zwischenzeitlich den Weg zur Arbeitsagentur antreten mussten? Solche Fragen und Befürchtungen befeuert die jetzt vorgelegte Schiffbauumfrage der Industriegewerkschaft Metall (IGM) Küste.

Alljährlich erstellt die IGM zusammen mit der »Agentur für Struktur und Personalentwicklung« solch eine Studie. Für sie werden die Betriebsräte aus 40 deutschen Werften befragt. Das Gesamtergebnis wirkt erfreulich. Auf den Werften in der Bundesrepublik arbeiten zurzeit 15 600 Menschen, 400 mehr als noch vor zwölf Monaten. Zugleich sei aber der Wegfall mehrerer hundert Arbeitsplätze zu befürchten, melden die Gewerkschafter und blicken mit Sorge auf die Nordic-Yards-Betriebe in Stralsund, Warnemünde und Wismar.

Die drei Produktionsstätten dümpeln in der Schiffbauumfrage auf dem letzten Platz in punkto Auftragsbestand. Danach ist das aktuelle Nordic-Yards-Projekt, die Konverter-Plattform, in zehn Monaten fertiggestellt. Für die Zeit danach gibt es bislang keine Folgeaufträge. Am besten gefüllt, für 80 Monate Arbeit, ist das Auftragsbuch bei der Lloyd Werft AG in Bremerhaven, gefolgt vom Luxus-Yacht-Bauer Meyer im niedersächsischen Papenburg mit 60 Monaten Auslastung. Noch vor zwei Jahren hatte Nordic-Yards mit 51 Monaten Auftragsvorlauf die Meyer-Werft getoppt, für die in der Schiffbauumfrage damals nur 38 Monate Auslastung notiert worden waren.

2009 hatten die Schiffbauer in Wismar und Warnemünde wieder optimistisch in die Zukunft geblickt, als dort der russische Investor Witali Jussufow für 40 Millionen Euro die insolventen Wadan-Werften kaufte und mit ihnen Nordic-Yards startete. In diese Gruppe übernahm er 2014 auch die ebenfalls insolvente Volkswerft Stralsund. Für sie habe Jussufow rund fünf Millionen Euro gezahlt, besagen unbestätigte Informationen.

Große Hoffnungen hatte der Investor offenbar auf das Offshore-Geschäft gesetzt, doch: Erstmals seit fünf Jahren, so informiert die Küsten-Gewerkschaft, gibt es zurzeit aus dem Offshore-Bereich keine neuen Aufträge für Schiffbaubetriebe in Deutschland, wohl aber für Unternehmen im Ausland, etwa in Frankreich und Spanien. Unter dieser Situation leidet Nordic-Yards, hinzu kommen die Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Sie haben zur Folge, dass keine Aufträge von dort nach Mecklenburg-Vorpommern gehen.

Nordic-Geschäftsführer Herbert Aly hatte bereits Anfang September angekündigt, konjunkturell bedingt sei ein Abbau von Arbeitsplätzen unvermeidbar. Wie viele Nordic-Werker betroffen sein könnten, sagte er nicht. »Es werde berichtet«, schreibt die IG Metall, »dass an allen drei Standorten in Mecklenburg-Vorpommern rund 500 Arbeitsplätze im Rahmen der Neuausrichtung zur Disposition stehen.« Bestätigt wird das weder vom Betriebsrat, noch von der Geschäftsführung. Neuausrichtung - das könnte der Bau von Kreuzfahrtschiffen sein, zumal andere deutsche Werften, die sich dieser Produktlinie widmen, Vollauslastung melden. Verhandlungen in dieser Richtung gebe es bereits, war zu erfahren.

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