Wahrheit und Dichtung

Der Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh vor zehn Jahren in Polizeigewahrsam dient als Vorlage für den ARD-»Tatort«

Große Ereignisse, sagt man, werfen ihre Schatten voraus. Doch das Sprichwort wegweisenden Weltgeschehens muss dringend erweitert werden. Denn mehr noch als Schatten werfen große Ereignisse Drehbücher voraus, Vorlagen künftiger Spielfilme, die - das zeigen zuletzt gleich zwei Filme zum Fall Hoeneß - nicht mal mehr den Ausgang des Ereignisses abwarten. Der Prozess gegen Beate Zschäpe etwa nahm erst richtig Fahrt auf, da stand Lisa Wagner bereits als NSU-Braut vor der ZDF-Kamera. Die Alpen lagen voller Germanwings-Trümmer, als Benedikt Röskau schon an seiner Katastrophentragödie »Blackbox Mensch« schrieb. Auch der Anschlag auf »Charlie Hebdo« ist Teil mehrerer Dramenprojekte, von der aktuellen Flüchtlingsproblematik ganz zu schweigen. Verglichen damit hat die ARD fast getrödelt, wenn am Sonntag ihr politischster »Tatort« seit langem läuft.
Er handelt vom afrikanischen Asylbewerber Oury Jalloh, der 2005 im Gewahrsam einer Polizeistation i...


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