Friedrichshagener Gesichter

Hinzugezogene, Alte und Junge aus dem Kiez stehen für ein Fotoprojekt vor der Kamera

  • Steffi Bey
  • Lesedauer: 3 Min.
Nachbarn vor die Kamera holen: Das macht gerade Fotograf Frank Odening in Friedrichshagen. Die Porträts sollen Menschen zeigen und etwas über den Ort erzählen.

Eigentlich ist es gar nicht sein Ding, fremde Menschen anzusprechen. Aber in den zurückliegenden Wochen tat Frank Odening es dann doch einige Male: direkt auf der Straße in seinem Friedrichshagener Kiez, beim Bäcker oder ganz spontan in einer Werkstatt. »Ich habe von meinem Projekt erzählt und gefragt, ob Interesse besteht, mitzumachen«, sagt der Fotograf.

Einige fanden seine Idee der »Friedrichshagener Porträts« so interessant, dass sie sich bereit erklärten, vor der Kamera zu stehen. Die junge Frau vom Blumenladen am S-Bahnhof beispielsweise, auch ein Kfz-Meister und ein Gastronom. »Es ist wirklich spannend, mit den Frauen und Männern zu arbeiten, vor allem die Geschichten, die sie dabei erzählen, faszinieren mich oft«, berichtet Frank Odening.

Bewegt hat ihn unter anderem die Begegnung mit Peter Waschinsky. Der international bekannte Puppenspieler und Regisseur, der immer wieder mit neuen Ideen und Aufführungen sein Publikum überrascht, musste in seinem Heimatort eine Niederlage verkraften. 2014 machte er wegen Besuchermangel sein »Deutsches Nationaltheater Fritzenhagen« dicht. »Noch immer ärgert ihn, dass nicht genügend Besucher seine Inszenierungen sehen wollten, das ist ihm anzumerken«, sagt Odening.

Das Schwarz-Weiß-Porträt bildet einen sehr nachdenklichen Künstler ab. Aber so fühlt er sich eben und genau das will der Fotograf zeigen. Mit dem Projekt soll nichts »schön geredet werden« - wichtig ist eine authentische Darstellung der Teilnehmer, durch die der Betrachter etwas über den Menschen erfährt, aber auch über den Ort, an dem das Bild entsteht. Etwa 100 Freiwillige ließen sich schon ablichten. Und zwar aus allen Schichten und verschiedenen Altersgruppen. Sie wohnen und arbeiten in Friedrichshagen oder fühlen sich mit dem Treptow-Köpenicker Kiez verbunden. »Genau diese Mischung macht das Projekt interessant und ist praktisch für mich ein Stück Heimatkunde«, sagt der Artdirektor und Fotograf, der selbst seit 30 Jahren dort lebt.

Er mag den Ortsteil, der weit ab von den Szenevierteln Berlins liegt, von Wasser und Wald umgeben ist und doch so viel Flair zum Flanieren und Einkaufen bietet. »Weder Stadt noch Dorf, hier gibt es von beidem etwas«, betont Odening.

Die besondere Anziehungskraft des Ortes versucht er auch in seinen Fotos im quadratischen Format - teilweise schwarz-weiß oder in Farbe aufgenommen - rüberzubringen. Wenn er die Frau in ihrer Papierwerkstatt zeigt, mit der sie sich einen Lebenstraum erfüllte, oder den Buchhändler vor seinen vollen Regalen, der nicht in Friedrichshagen wohnt, aber dort sein Geschäft betreibt.

Zu den Treffen, die ihm noch lange in Erinnerung bleiben, zählt der Besuch bei Wolfgang Dobrindt. Seit mehr als 50 Jahren hat der Friseurmeister einen Laden Am Goldmannpark. »Ein bescheidener Geschäftsmann, der seine Arbeit liebt und zu DDR-Zeiten schon viele Promis zu ihm kamen«, berichtet der Friedrichshagener.

Gerne würde er noch mehr Interessierte ablichten: Alteingesessene, Hinzugezogene und vor allem die junge Generation, denn die sei bislang noch nicht so stark vertreten. Auf seiner Wunschliste stehen ebenso der Regisseur Leander Haußmann oder Dieter Birr von den Puhdys.

Odening, der erstmals ein Projekt in der Porträtfotografie durchführt, plant für nächstes Jahr eine Ausstellung - eine Art Zwischenbericht. »Vielleicht könnte ich die Bilder im Rathaus Friedrichshagen zeigen, das würde gut passen«, ist er überzeugt. Ein Jahr später will er dann ein Buch daraus machen.

Wer sich fotografieren lassen möchte, wendet sich direkt an Frank Odening: 0176 92402537 oder frankodening@web.de

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