»Hanne« gegen den Vize-Landrat

Am 29. Oktober können 35 600 Wahlberechtigte über Bürgermeister von Eberswalde abstimmen

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.
Hann-Dieter Hartwig ist Gebietsleiter des Versandhauses Neckermann. Vier Bundesländer gehören zu seinem Aufgabenbereich. Diesen Spitzenjob will er aufgeben, um Bürgermeister von Eberswalde zu werden? »Ja, ich will«, sagt der 53-Jährige. »Ja, ich will« - das ist sein Wahlkampfmotto für den Urnengang am 29. Oktober. Und warum will Hann-Dieter Hartwig? »Aus Verantwortungsbewusstsein«, sagt er. Unter etlichen Bürgermeisterwahlen, die derzeit in Brandenburg laufen oder bevorstehen, ist die in Eberswalde wahrscheinlich eine der wichtigsten. Immerhin ist die Barnim-Kreisstadt mit rund 42 000 Einwohnern die viertgrößte Kommune im Bundesland. Der Ingenieur-Ökonom Hartwig kam in Zühlsdorf zur Welt, wuchs in Ostberlin auf und arbeitete später im dortigen Energiekombinat. Als es mit der DDR vorbei war, verlor Hartwig diesen Arbeitsplatz. Er zog nach Finowfurt und machte von 1998 bis 2000 als Gemeindevertreter Furore. Ohne seinen Elan und seine Fähigkeit, Menschen mitzureißen, würde es die Turnhalle, das Flugplatzfest und die Brücke am Askanierturm nicht geben, heißt es. Im Jahr 2000 zog Hartwig - genannt »Hanne« - aus beruflichen Gründen nach Nordrhein-Westfalen. Aus Sehnsucht zur Heimat kehrte er fünf Jahre später zurück. Mit großer Mehrheit nominierte ihn die Linkspartei am 21. August für das Amt des Bürgermeisters. Nur wenige Genossen stimmten für den Antrag, auf einen eigenen Kandidaten zu verzichten und die Bewerbung des evangelischen Sozialdiakons Hartwin Schulz (parteilos) zu unterstützen. Hartwig lebte nicht im Barnim, als sein SPD-Konkurrent Thomas Engel 2002 über eine Rettungsdienstaffäre stolperte und das Amt des Vize-Landrates verlor. Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung durch Mitarbeiter der Kreisverwaltung lagen in Engels Zuständigkeitsbereich. Erst nach dem Rauswurf durch den Kreistag stellte die Staatsanwaltschaft fest, »dass ich für die Vorgänge im Rettungsdienst nicht verantwortlich war«, erklärt Engel heute. Den Posten im Landratsamt bekam seinerzeit Carsten Bockhardt (CDU). Der sitzt immer noch auf diesem Stuhl, will ihn aber offenbar nicht mehr haben: Auch Bockhardt kandidiert bei der Eberswalder Bürgermeisterwahl. Der CDU-Politiker wohnt in Zepernick, wo er sich 1985/86 ein Eigenheim baute. Bei einem Wahlsieg möchte er mit seiner Familie darüber reden, ob man nicht nach Eberswalde umzieht. Immerhin, mit dem Dienstwagen könnte Bockhardt nicht zwischen Rathaus und Zepernick pendeln, denn den Dienstwagen will er abschaffen und stattdessen einen Kleinbus für Vereine besorgen. Das zählt zu seinen Wahlversprechen. Andere Vorhaben Bockhardts liest man auch im Programm von Engel: Neubau der Bundesstraße 167, Ausbau des Flugplatzes Finow, Verbleib des Grundbuchamtes in Eberswalde... Berührungspunkte gibt es bei allen. Aber der Linkspartei-Kandidat Hartwig setzt andere Akzente, möchte zum Beispiel ein lokales Bündnis für Arbeit und Ausbildung. Ihm ist klar, dass er keine Jobs und Lehrstellen herzaubern kann. Aber günstige Rahmenbedingungen schaffen und so Unternehmer nach Eberswalde locken, das müsste klappen, glaubt er. Außerdem kandidieren der Schulleiter und Stadtparlaments-Vorsitzende Friedhelm Boginski (FDP) und die bündnisgrüne Ortsteilbürgermeisterin von Eberswalde-Mitte, Karen Oehler. Wer das Rennen macht, darüber entscheiden etwa 35 600 Wahlberechtigte. Sein Genosse Thomas Engel habe beste Aussichten, in die Stichwahl zu kommen, meint SPD-Generalsekretär Klaus Ness. In den Reihen der Linkspartei vermutet man, dass sich Hartwig vielleicht einen Zweikampf mit dem CDU-Mann Bockhardt liefern wird. Der Urnengang ist erforderlich, weil Amtsinhaber Reinhard Schulz (parteilos) nach einer noch nicht rechtskräftigen Verurteilung wegen Untr...

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