Die Lehre vom Gewölbe

Alvis Hermanis, die Flüchtlinge und die Reinheit der Kunst

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: ca. 6.0 Min.

Von Hermann Melville stammt der Satz: »In dieser Welt der Lügen ist die Wahrheit gezwungen, wie eine verschreckte weiße Hündin durch die Wälder zu ziehen.« Bei Gorkis »Sommergästen« in der Berliner Schaubühne, vor geraumer Zeit inszeniert von Alvis Hermanis, ist die Wahrheit ebenfalls ein Hund, der ständig über die Bühne schnüffelt. Ein Golden Retriever, überhaupt nicht verschreckt, sondern souverän unbeeindruckt von all den Menschengespenstern in ihren schäbigen Kleidern und verbogenen Biografien. Der Hund ist Hermanis’ böseste Metapher für seine Absage an den glücksfähigen Menschen. Diese Sommergastmarionetten sind das Wanderlager einer geistigen, seelischen Orientierungslosigkeit, die Ewigkeit hat: Die Zeit wechselt, die Zeiten ändern sich nicht.

Sie ändern sich großenteils wirklich nicht, und das Theater muss angesichts gegenwärtiger Krisen nicht angstvoll aufschrecken, es versäume, indem es alte Werke spielt, seine akuten Pflichten...


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