Die Uhr läuft unerbittlich

Staatsoper im Schillertheater Berlin: Dieter Dorn inszenierte Verdis »La Traviata«

  • Stefan Amzoll
  • Lesedauer: ca. 3.5 Min.

Wie verhält sich jenes dem Unheil ausgesetzte, bedrohte Individuum, sind seine Tage gezählt? Ewig kehrt diese Frage wieder. Bei Verdi so sehr wie in neuer Zeit. Erinnert sei an Stanley Kramers Filmklassiker »Das letzte Ufer«: Nukleare Wolken kommen der Stadt näher und näher. Panik bricht aus. Die Bewohner, todesgeängstigt, geben ihren kruden Begierden nach: Die Autorennbahnen brennen, tödliche Trinkgelage allerorten, sexuelle Ausschweifungen, Plünderei, Mord, Totschlag. Ein anderer Streifen zeigt hoffnungslos zermürbte Wehrmachtssoldaten in einem Eisenbahnzug zusammen mit Krankenschwestern am Ende des Krieges. Ihr finales Begehren ist es, das, was ihrer Menschlichkeit an und für sich widerstrebt, in der Stunde der Apokalypse auszuleben, indem die Männer über die willigen Frauen herfallen.

Obsiegt menschliches Verhalten, naht im gegebenen Moment das Ende? Verdi sagt ja. Seine Oper »La Traviata« in vier Bildern nach Alexandre Dumas’ »Kam...


Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.