Thüringen verspricht eine Mitgift

Bei freiwilligen Gemeindehochzeiten lockt die Regierung mit Geld - wenn die Orte arm genug sind

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Die Gebietsreform gehört zu den Großprojekten von Rot-Rot-Grün in Thüringen. Die Entscheidungen für größere Kreise und Gemeinden sollen in diesem und im nächsten Jahr fallen.

Erfurt. Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) will Gemeinden die Entscheidung für freiwillige Fusionen mit einem Entschuldungsprogramm erleichtern. Eine Teilentschuldung durch das Land sei allerdings nur für finanziell angeschlagene Städte und Gemeinden vorgesehen, nicht als Gießkannenförderung, sagte Poppenhäger am Dienstag in Erfurt. »Es geht um Bedürftigkeit.« Zum Volumen des Entschuldungsprogramms, das Teil des ersten Gesetzes zur Gebietsreform sein soll, könnten jetzt noch keine Angaben gemacht werden, sagte der Minister. Zuvor hatte sich das Kabinett auf den Fahrplan für das Großprojekt mit weniger Kreisen und größeren Gemeinden verständigt.

Die letzten Entscheidungen zur Gebietsreform sollen nach Vorstellung der Regierung Ende 2017 fallen. Sie sollen dann 2018 über die Bühne gehen und mit der ohnehin anstehenden Wahl von Landräten und Bürgermeistern abgeschlossen werden. Ob bis dahin auch das Ziel von Rot-Rot-Grün umgesetzt wird, die kommunalen Wahltermine zu harmonisieren, ließ der Minister offen. Landräte und Bürgermeister werden in Thüringen für sechs Jahre gewählt, die Kommunalparlamente jedoch nur für fünf Jahre. »Wir denken noch nach«, sagte Poppenhäger zur Frage, ob es künftig möglicherweise eine einheitliche Wahlperiode von fünf Jahren geben könnte.

Die Voraussetzungen für die Gebietsreform, die die rot-rot-grüne Koalition mit ihre Mehrheit von nur einer Stimme durch den Landtag bringen will, soll das sogenannte Vorschaltgesetz schaffen. Es werde am 23. Februar erstmals im Kabinett beraten, kündigte Poppenhäger an. Es beinhalte die Eckwerte zu den künftigen Kreis- und Gemeindegrößen, die Teilentschuldung bedürftiger Gemeinden sowie Änderungen der Kommunalordnung und des Kommunalwahlgesetzes.

Zu dem Vorschaltgesetz sei eine Anhörung der kommunalen Spitzenverbände vorgesehen. Es soll voraussichtlich im April von der Regierung beschlossen und dem Landtag zugeleitet werden. Es könnte, sollte das Parlament mitspielen, in der Landtagssitzung vom 22. bis 24. Juni beschlossen werden und zum 1. Juli in Kraft treten.

Mit dem Gesetz seien die Voraussetzungen für freiwillige Gemeindezusammenschlüsse gegeben, die bis Herbst 2017 möglich seien. »Ich ermutige alle, schon jetzt Gespräche zu führen«, sagte Poppenhäger. Er hoffe, dass nicht viele Gemeindezusammenschlüsse per Gesetz festgelegt werden müssten.

Eine Freiwilligkeitsphase für Fusionen der derzeit 17 Kreise soll es dagegen nicht geben. Er werde noch in diesem Jahr einen Vorschlag zur künftigen Kreisstruktur machen, kündigte der Minister an. »Eine Kreisreform muss an allen Stellen des Landes aufgehen.« Es könnten dabei nicht nur die Interessen von Nachbarkreisen eine Rolle spielen, begründete er das Vorgehen.

Die Regierung hatte sich Ende 2015 darauf verständigt, dass die Landkreise in Zukunft mindestens 130 000 und maximal 250 000 Einwohner haben sollen und nicht mehr als 3000 Quadratkilometer groß sind. Gemeinden sollen dauerhaft über mindestens 6000 Einwohner verfügen, kreisfreie Städte über mindestens 100 000 Einwohner. Damit kämen nur Erfurt und Jena als kreisfreie Städte infrage. Eisenach, Gera, Suhl und Weimar würden diesen Status verlieren. dpa/nd

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