Zweifel an Träger von Ein-Euro-Jobs

Erwerbsloser orderte Handelsregister-Auszug und legte sich mit Jobcenter an

  • Anke Engelmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Rudolf H. ist sauer. Der Pfleger wurde vom Jobcenter Pankow zu einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung (MAE), einem Ein-Euro-Job, geschickt. Die Arbeit in der Seniorenbetreuung hätte ihm schon zugesagt. Doch hegte er Zweifel an der Seriosität des Trägers, der MeCo Media Construction GmbH. Deren Geschäftsbereich wird nämlich beim Handelsregister mit Softwareentwicklung, Kauf und Verkauf von Grundstücken, Bauträger für Wohn- und Nichtwohngebäude und Grundstücksverwaltung angegeben - kein Wort von Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen. Dubios, fand Rudolf H. Zudem sagte ihm auch das Weiterbildungsangebot nicht zu: Als gelerntem Pfleger sei ihm ein Basis-Qualifikationskurs, bei dem Erwerbslose für den Pflegedienst ausgebildet werden, angeboten worden. Andreas Baltrusch, bei der MeCo für die Ein-Euro-Jobber zuständig, zeigt Verständnis für den Frust von Erwerbslosen: »Viele unserer Teilnehmer sind sehr negativ eingestellt, und wir müssen häufig stellvertretend für die Jobcenter und das System den Kopf hinhalten«, sagt er. Doch bei der MeCo sei alles in bester Ordnung, versichert er. So bemühe man sich derzeit um das Qualitätszertifikat ISO 9000, sei Mitglied im Berliner Verband für Arbeit und Ausbildung, betreue derzeit bis zu 150 Ein-Euro-Jobber, die bei der Betreuung von Senioren, in ambulanten Diakonie-Stationen und im Umwelt- und Naturschutz eingesetzt würden. Für Bildungsmaßnahmen bekommt die Firma eine Pauschale von 150 bis 200 Euro pro Teilnehmer monatlich sowie eine Sachkostenpauschale, so Baltrusch. Den Eintrag im Handelsregister erklärt er mit der Geschichte der Firma. Man werde das schnell ändern. Doch immer noch stehen Hagen und Astrid Kahmann, die Geschäftsführer der MeCo, auch der Kahmann & Partner GbR vor - im Branchenbuch unter der Rubrik »Architektur« zu finden. Es sei nicht vorgesehen, dass die Ein-Euro-Jobber mit den Trägern überhaupt zusammentreffen, erläutert Ellen Queisser, Sprecherin der Arbeitsagentur Nord, also auch für das Jobcenter Pankow zuständig. Schließlich koordinieren die nur die Maßnahmen: »Sich bei denen vorzustellen, macht wenig Sinn.« Und die Jobcenter würden die MAE-Träger genau überprüfen: So müsse eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der Kammern bestätigen, dass mit den MAE keine regulären Stellen verdrängt würden. Auch die Qualifizierungsangebote als Bestandteil der Maßnahme würden ständig überprüft, versichert sie. Schwarze Schafe seien »eher die Ausnahme«, so die Sprecherin. Hinweise von Kunden, also den Erwerbslosen, würde man ernst nehmen und ihnen nachgehen. Auch bei der MeCo habe man nichts Auffälliges feststellen können. Rudolf H. hat einen anderen Eindruck. Wenn er jedoch bis zum Freitag keinen alternativen Ein-Euro-Job gefunden habe, müsse er entweder mit der MeCo einen Vertrag schließen oder ihm würden 30 Prozent seines Arbeitslosengeldes gestrichen.

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