Zeitenwenden ohne Ende
Zeitenwenden gibt es (nicht nur) aus deutscher Sicht immer wieder, zweimal haben deutsche Kaiser und Führer selbst den Angriff auf die Weltherrschaft ausgelöst und ihr Land, Europa, große Teile der Welt in Krieg, Leid, Zerstörung, Massenmord gestürzt. Aber der Versuch, Weltordnungen nach eigenem Gusto zu definieren, ist auch im 20. und 21. Jahrhundert nicht neu, sondern Privileg großer Mächte (und solcher, die es sein wollen), und war nur in einer bestimmten Zeitspanne durch eine tatsächliche Systemkonfrontation zwischen Kapitalismus und realem Sozialismus unterbrochen. Zu anderen Zeiten ging es stets darum, welcher Kapitalismus in seiner imperialistischen Ausprägung mit welchem anderen konkurriert, ihn bekämpft, selbst die Oberhand gewinnt oder zumindest im Konzert der Großmächte und der wirtschaftlichen Mächte mitspielen, dirigieren, ausbeuten kann.
Die Formel von der "Zeitenwende" ist inflationär und zeitlich auf das fatale Jahr 2022 eingestellt worden. Deutschland, Europa, nicht zuletzt die oft zerstrittenen Linken können allerdings die ganzen gut 100 Jahre seit 1914 unter diesem Label fassen, stecken immer wieder in Krisen und haben sich oft unter großen Mühen aus diesen herausgekämpft um einem meist hohen Preis.
Könnte aus dieser Geschichte des Versagens, der Neuorientierung, der sich wandelnden Herausforderungen gelernt werden? Vor allem, was kann die Linke heute mehr tun, als nur am Spielfeldrand zu stehen und hinzunehmen, dass all ihre Bemühungen für ein friedliches Zusammenleben, eine Entmilitarisierung gegen den heraufbeschworenen Geist der Kriegstüchtigkeit, der neuen (und meist gar nicht so neuen) Feindbilder, gegen eine Arbeitsplatzsicherung dank Rüstung verloren geht. Und können sie das alleine erreichen oder brauchen sie Partner, Bewegungen mit ähnlichen Zielen, die sich einst in einer starken Friedenbewegung fanden?
Diesen Fragen solch sich eine Konferenz mit Kennerinnen und Kennern der Materie beschäftigen, auch mit der Suche nach Einsichten wie Alternativen.
- Stefan Bollinger (Berlin): Nicht die erste Zeitenwende – wie polar soll die Welt werden?
- Frank Deppe (Marburg): Kann die Linke der Geschichte lernen und den Weg in Hochrüstung, geistiger Zurichtung und Krieg aufhalten?
- Erhard Crome (Berlin): Wie Staaten sich konfrontieren und Zusammenleben könnten?
- Lothar Schröter (Borkwalde): Wie stellen sich Linke den aktuellen Herausforderungen von Rüstung, Militär und Krieg?
- Linda Peikert (Berlin): Frauen und Krieg contra Frauen und Frieden - verdrängtes Thema oder Herausforderung an feministische Politik?
- Özlem Alev Demirel (MdEP, Brüssel): Europa in der Zeitenwende - Europa als hegemonialer Akteur in einer multipolaren Welt?
Moderation: Karlen Vesper (Berlin)
Kosten: 6,00 / erm. 4,00 Euro (inkl. Imbiss)
Anmeldung erforderlich