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Knickgriges Mäzenatentum

Wolfram Prieß über eine weitere Facette des Staatsopern-Skandals

  • Wolfram Prieß
  • Lesedauer: 3 Min.

Von der einstigen Ankündigung des inzwischen verstorbenen Großunternehmers und Vorsitzenden des Vereins »Freunde und Förderer der Staatsoper«, Peter Dussmann, seinen Verein mit 30 Millionen Euro an der Sanierung der Staatsoper zu beteiligen, ist heute nicht mehr viel übrig. Die halbherzigen Bemühungen der Landespolitik vermochten es in den gut zehn Jahren seit der Ankündigung lediglich, dem Verein die Finanzierung des Bedarfsprogramms über 500 000 Euro (2007) und des Apollosaals über drei Millionen Euro (2011) verbindlich zu entlocken. Erst im August 2014 unterzeichnete der Verein eine dritte Vereinbarung.

Bei dieser ging es um 600 000 Euro, zweckgebunden für eine Untertitelungsanlage. Und Zweckbindung ist hier das Zauberwort, denn: Wie wir auf Anfrage herausfanden, wird diese Untertitelungsanlage nicht mehr umgesetzt, da die Kosten von anfangs 1,2 Millionen auf inzwischen 2,15 Millionen Euro gestiegen sind. Die Spende ist somit hinfällig und der Landeshaushalt wird ein weiteres Mal geschädigt.

Erst durch die Staatsopernfreunde kam die Untertitelungsanlage im Oktober 2010 überhaupt auf den Plan - Teil der Bauplanungen war sie nicht. Ein konkretes Finanzierungsangebot machte der Verein damals auch nicht. Die ausführende Bauverwaltung hatte für die Untertitelungsanlage somit keine Finanzierungsgrundlage. Nach Landeshaushaltsordnung wäre es nicht zulässig gewesen, die Umsetzung zu beauftragen.

Die ohnehin mit dem Projekt völlig überforderte Senatsbaudirektorin Regula Lüscher drängte zwar auf eine Entscheidung der Kulturverwaltung unter Klaus Wowereit (SPD). Dieser schwieg sich jedoch aus, genau wie sein Staatssekretär André Schmitz (SPD). Das wurde offenbar von der Senatsbaudirektorin als grünes Licht interpretiert - wie schon so oft im Rahmen der Sanierung.

So wurden im Juli und Dezember 2011 Planungsleistungen für die Untertitelungsanlage vergeben, die sich bis heute auf insgesamt 250 000 Euro belaufen. Erst im Mai 2013 machte der Senat Mitteilung über die Umsetzung der Anlage - ohne sie jedoch als verspätete Bedarfsnachmeldung zu kennzeichnen oder ihre Notwendigkeit zu begründen. Im August 2014 konnte der Senat den Freunden der Staatsoper schließlich die Vereinbarung über 600 000 Euro abringen - allerdings fehlte nun eine Million zur vollständigen Finanzierung, nachdem die Kosten für die Untertitelungsanlage mittlerweile auf 1,6 Millionen Euro angewachsen waren. Zu einem verstärkten Engagement waren die Freunde jedoch offenbar nicht bereit. Erst nachdem die Kosten für die Anlage im März 2015 auf 2,15 Millionen Euro gestiegen waren, traf die Kulturverwaltung im Mai die Entscheidung, die Anlage nicht mehr umzusetzen. Dem Freundeskreis habe man dies ebenfalls im Mai mitgeteilt.

Das Abgeordnetenhaus wurde von dieser Entscheidung des Senats in den neun Monaten seither nicht in Kenntnis gesetzt. Stattdessen verweist der Senat jetzt auf »intensive Bemühungen«, den Freundeskreis für die Finanzierung einer Übertitelungsanlage zu gewinnen. Ein eigenständiges Bemühen des Freundeskreises, im Rahmen der Sanierung ein anderes Projekt zu finanzieren, wurde vom Senat verneint. Im Rahmen von 165 Millionen Euro Kostenerhöhungen für das gesamte Projekt der Opernsanierung mag das alles kaum ins Gewicht fallen - es zeigt aber symptomatisch die kollektive Verantwortungslosigkeit der politisch Handelnden.

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